🇦🇷🇨🇱 Ushuaia-El Calafate, 30.9.-2.10.25
- Charlotte Tina
- 3. Okt.
- 5 Min. Lesezeit
Dienstag, 30.9.
Ich war etwas traurig, Ushuaia zu verlassen; aber es wartet noch die Westseite des Landes auf mich entlang den Anden und einige tausend Kilometer Strecke.
Ich trödelte bei immer schöner werdendem Wetter, pfeifend kalt aber sonnig, über den Pass, frühstückte mit Panoramablick ein Müsli, alles wunderbar.
Ich sah nach Tolhuin wieder viele Guanakos in verschiedenen Zuständen.
Ungefähr 500m vor dem Ortsschild Rio Grande, gegen 12:00, fuhr ein LKW an mir vorbei, ich sah den Stein fliegen und dann krachte er mit lautem Wumms in meine Windschutzscheibe und durchschlug sie fast.
Auf meiner Seite innen fielen Glassplitter. Was für ein Schreck!
Und was für ein Glück, dass ich superPremium versichert bin… Auch wenn ein Versicherungsfall immer bedeutet, dass die versuchen, sich rauszuwinden und es nervig und langwierig wird.
Der Vermieter verwies natürlich als erstes darauf, dass ich über sie hätte versichern sollen, die gleichen Punkte (Reifen, Unterboden, Glas) ein zweites Mal. Na sicher🙄
Aber er gab mir auch schnell Adressen durch von Werkstätten, die solche Schäden bearbeiten, immerhin. Obwohl ich geschrieben hatte, wo ich sei, zunächst für Ushuaia, nachdem ich erneut schrieb, Rio Grande, dann tatsächlich für den richtigen Ort.
Ich suchte mir einen nach Entfernung aus, Dr. Resin, und traf dort auf Hugo, 33, ein Schatz.
Er hatte die Scheibe nicht da, fragte aber bei mehreren Kollegen an in der Stadt und nach 1,5h kam eine Antwort, einer hatte sie.
Wenn nicht, hätte ich einen weiteren Tag in Rio Grande verbringen müssen. Das will man nicht, glaubt mir.
Wir fuhren mit seinem Pickup los, luden die Scheibe auf und dann machte er sich daran, sie auszutauschen.
Ich spazierte in eisig tosendem Wind umher, aber dort ist es wirklich trostlos. Die Kälte ist hier kälter als bei uns. Wie auch immer das geht.
Ein Mädchen lief im TShirt rum 🥶Ich kam an einem Geschäft mit festlicher Kleidung vorbei und fragte mich, zu welchem Anlass hier ein solches Kleid getragen werden mag.
Ich kaufte eine Flasche Wein für Hugo, weil er mir so nett, schnell und engagiert half.
Zu 19:00, nach umständlichen Änderungen (wer glaubt, die deutsche Bürokratie sei schlimm, hat die argentinische noch nicht erlebt) an der Rechnung (sie werden jede Kleinigkeit nutzen, um sich vor der Zahlung zu drücken, also muss man antizipieren, was das für Punkte sein könnten) waren wir fertig.
Der Endbetrag waren 295€. Keine Ahnung, was so etwas sonst kostet, fand ich eher günstig. Hugo hatte auch einen Preis bei Toyota angefragt, die hätten das Vierfache haben wollen.
Die Scheibe wird mit einem Kleber eingesetzt, der aushärten muss über mehrere Stunden.
Also fuhr ich sehr vorsichtig und langsam einen Umweg zur Unterkunft, mit möglichst wenigen Erschütterungen (Bodenschwellen und Schlaglöcher, von denen es nun schon einige gibt). Merke: auch argentinische Autofahrer hupen aggressiv, wenn sie genervt sind 😎
Dort nahmen mich Liliana und Pedro in Empfang und waren entzückend. Ich bekam sogar vier Eier geschenkt und wurde morgens mit Küsschen verabschiedet, dafür standen sie extra früher auf.
Die beiden haben mich berührt, so liebe Menschen.
Was für ein Tag! 7 Stunden hatte mich der kleine Stein gekostet, aber es lief ja alles gut.
Ich musste noch eine Unterkunft in Rio Gallegos finden und buchen, hatte auch Glück mit einem Haus für 21€.
Bin gespannt. Ich rechnete damit, dass ich nach knapp 400Km, vier Grenzkontrollen und einer Fährfahrt nur ins Bett kippen wollen würde.
Mittwoch, 1.10.
Nicht viel zu berichten. Der Wind war so stark, dass ich zwei Mal nicht aus dem Auto kam (ich habe die Tür nicht geöffnet bekommen, wollte aber nur für ein Foto nicht rangieren) und die Fortbewegung auf zwei Beinen sehr problematisch wurde.
Ich kramte in meiner Mediathek und kam, old fashioned, auf den Soundtrack von Harold
& Maude (ich liebe den Film) von Cat Stevens.
Klassische Roadtrip-Musik, finde ich.
Ich musste zwei Stunden auf die Fähre warten, vermutlich durch den Wind waren sie in Verzug. Da dort nichts ist außer einem seltsamen leeren Gebäude mit, immerhin, Toiletten, saßen alle im Auto bzw. LKW.
Der Wind beutelte die Fahrzeuge.
Ich stelle es mir problematisch vor, wenn die Fähren den Betrieb einstellen. Sturm, Maschinenschaden, was auch immer, dann müsste man ja 160Km zur nächsten möglichen Unterkunft zurück fahren und durch die beiden Grenzkontrollen 🥺🤔
Theoretisch fährt alle 30min ein Schiff auf jeder Seite, Punta Delgada und Bahia Azul.
Für diese Tour habe ich 19,53€ bezahlt.
Auf der anderen Seite war der Wind genauso heftig.
Vier Grenzstationen später war ich dann zurück in Argentinien, ging einen Einkauf machen (jetzt darf ich mein Obst und Gemüse ja wieder behalten) und fuhr zum Haus. Tageskurs 18€.
Musste man mögen. Ich mochte es nicht. Eine Nacht🤷♀️
Den Abend verbrachte ich mit dem braten eines Lammsteaks und der Suche nach einer netten Unterkunft in El Calafate.
Donnerstag, 2.10.
Obwohl ich mich in dem Haus nicht wohl fühlte, habe ich auf der festen Matratze erstaunlich gut geschlafen.
7:00 Kaffee und schnell weg da.
Über Nacht waren im vorderen und im rückwärtigen Garten Flutlichtscheinwerfer an, kuschelig.
Aber das ist ein typisches Haus, wie ich es immer von der Straße aus sehe und einen ersten Eindruck hatte ich in Las Grutas, als ich eine Tasche suchte und in dem Haus einer Familie war.
Ich brach auf nach Nordwesten und bei Esperanza kam ich auf die RN40, der ich nun etwa 2.700Km folgen werde.
Um mich herum nichts als Steppe, wie fast überall übersät mit Plastiktüten, sehr hellblauer Himmel, Sonne, 7-8°, irgendwann vor mir plötzlich eine Nebelwand.
Ich dachte mir zunächst nichts Böses, dann hatte sie mich plötzlich verschluckt.
Innerhalb von Minuten sank die Temperatur auf 0- -1°, um mich herum Schnee, die Straße voller Schneematsch, schlechte Sicht.
WTF?!
Das war mal ein schneller Wetterwechsel!
Ich schaltete die Warnblinker an, weil ich mit diesen Reifen langsam fuhr und nicht wollte, dass mir ein Pickup reinrauscht.
Andere, entgegenkommende Fahrer handhabten das teilweise genauso.
Die Strecke war gefühlt lang, tatsächlich etwa eine Dreiviertelstunde mit 20-40Km/h.
Dann zog jemand den Vorhang auf, Straße trocken, Sonne, blauer Himmel, 6°.
Das war schräg.
Wie üblich hielt die Gendarmerie mich an, fragte nach meiner Herkunft und meinem Ziel, dann war ich in El Calafate.
Der Ort lebt vom Gletscher Perito Moreno und ist extrem touristisch.
Viele Souvenirläden mit allerdings hübschen Dingen, völlig überteuert, auch bei uns wären die Dinge zu hoch bepreist.
Eine Hauptstraße voller Restaurants und Läden, in der Mitte der Straße Bäume. So habe ich das im Land bislang noch nicht gesehen.
Zur Abwechslung hatte das mal was und erinnerte eher an Europa.
Eigentlich wollte ich essen gehen, Angebot und Preise sagten mir aber nicht zu, also kaufte ich ein für Bolognese und fuhr zu meiner Unterkunft, die ich nach dem Haus sehr sorgfältig ausgesucht hatte, mit einem großen Bedürfnis nach Gemütlichkeit und einem hohen Wohlfühlfaktor. Bietet sie.
43€ für El Calafate und den Standard finde ich völlig okay.
Eigentlich wollte ich faul sein, aber nach dem Essen hatte ich schon wieder Hummeln im Hintern.
Nicht weit entfernt war ein kleines Vogelreservat, die Reserva Laguna Nimez.
Was Vögel angeht, bin ich weniger auf der ornithologischen, als vielmehr auf der Disney-Seite angesiedelt.
Groß, rosa, steht auf einem Bein und ist nicht aus Stoff? Nett.
Auf diesem Areal kostete ein ausgeschilderter Spaziergang über drei Kilometer 12.000ARS/7€, was schon sehr üppig ist.
Aber El Calafate ist eine der meistbesuchten Städte des Landes wegen der Gletscher, klar, sie können, also tun sie es.
Am Strand des Lago Argentino und in einem Teil der Lagune waren, tadaaaa, Flamingos unterwegs. Ich pirschte mich an, aber meine indianischen Fähigkeiten sind ausbaufähig.
Ich habe gelernt, dass Jungtiere weiß sind, wie die hier fischende Teenagerhorde.
Ich sah auch wieder das Vogelpaar, welches (nicht genau dieses natürlich) mich seit vielleicht 2.000Km oder mehr begleitet.
Die treten ausschließlich als Paar auf, seltenst in einer Gruppe, wenn, dann mit reichlich Abstand zwischen den Paaren.
Wenn ich diese beiden Vögel sehe, dann muss ich immer an eins meiner Lieblingsgedichte von Mascha Kaléko denken, Ich und Du
Morgen geht es zum Perito Moreno Gletscher!
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