- Charlotte Tina
- vor 1 Stunde
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Donnerstag, 16.10.
Ich fuhr bis Villa Mercedes. Den Ort zeichnet nichts aus, außer dass er die schönste Unterkunft mit gutem Preis bot in sehr weiter Umgebung.
Richtig schön, mit Garten und Pool, eine Oase der Ruhe.
Leider auch hier wieder Diskussion um den bei booking gebuchten Preis.
Der Tag war noch sehr schön und sonnig, ich genoss die Ruhe im friedlichen Garten.
Der zentrale Raum war die Gemeinschaftsküche und hier bekam ich einen Einblick in das Sozialverhalten der Leute, die außer mir alle aus einem Umkreis von bis zu 400Km kamen.
Meine Fanta wurde aus dem Kühlschrank genommen und mein Wein getrunken. Darauf angesprochen erntete ich Schulterzucken. Als ich darum bat, das neu zu besorgen, kam nur „no comprende“.
Die anderen Gäste kochten und sauten dabei viel ein, alles landete in der Spüle und auf der Arbeitsplatte, so dass man das auch am nächsten Morgen noch nicht benutzen konnte.
Grundsätzlich wurde nichts gespült, sondern alles stehen gelassen.
Fand ich unangenehm, aber das ist vermutlich wieder eine der schrecklichen deutschen Eigenschaften. Okay. Das war wie in einer WG früher in SO36.
Der Freitag war verregnet, das hatte auch etwas.
Ich konnte den Vermieter überzeugen, den Preis neu auszuwürfeln, von 78€ (die der Ausgangspunkt für den Last Minute-Preis waren) auf 48€, so buchte ich eine weitere Nacht.
Der Samstag war wieder sonnig und schön, ein Ruhetag, ich buchte die drei Unterkünfte bis zum Tag des Flugs nach Ushuaia. In nun noch drei Etappen reise ich nach Osten bis zurück an den Atlantik.
Es gibt hier einige Milchprodukte, die in unglaublich vielen Variationen und von endlosen Herstellern im Kühlregal stehen.
Hier gibt es keine Crème fraîche, keinen Sauerrahm, keine saure Sahne.
Ich war neugierig und investierte ein paar Pesos.
Es gibt Schlagsahne, die viel stärker aufrahmt als unsere, Crema de Leche.
Es gibt Käsecremes zuhauf, die anstelle Butter genommen werden. Und vermutlich für andere geheimnisvolle Dinge. Wobei das nicht Käse im Sinne von Gouda bedeutet, sondern Frischkäse mit Sahne.
Es gibt sie aber auch als Variante mit Käsegeschmack.
Casan Creme ist ganz seltsam (für mich). Sehr fest, wenig Fett, keine Ahnung, was man damit macht. Ein kalorienarmer Frischkäse mit der Konsistenz von Beton.
Ich habe weiter versucht einen ungesüssten Joghurt zu finden, der nicht schleimig ist. Erfolglos.
Ich haue in die Testbecher immer ganz viel Knoblauch und Salz rein, so wird er eine Art Dressing, das geht.
Am Sonntag brach ich früh auf nach Junin, 440Km.
Meine Unterkunft war ein kleines Haus im französischen Kolonialstil (so die Vermieterin).
Es war schräg. Seltsam, charmant, spooky, schön und nicht allzu sauber.
Die Türen der Vitrinenschränke waren zugeschraubt.
Zwei Zimmer waren verschlossen. Die Küche machte den Eindruck, als hätte vor vierzig Jahren das letzte Mal jemand dort gekocht.
Es gab nur einen Topf.
Die Geräte waren durchweg aus dem letzten Jahrhundert, einige sicher aus den 50ern.
Der Garten war besonders hübsch und hatte einen kleinen Pool. Die alten Fliesen waren sehr schön.
Ich improvisierte ein Hühnerfrikassee, das erstaunlich gut gelang.
Beim Essen blieb ein Stück Huhn an einer Backen-Brücke hängen und zog sie hoch und ab. Na super.
Dinge die man unbedingt braucht an einem Sonntag in einem Land, in dem man sich kaum verständigen kann und wenn man drei Tage später 300Km entfernt in ein Flugzeug steigen muss das einen zu einem Schiff bringt, mit dem man drei Wochen jenseits jeglicher Zivilisation ist.
Einfach perfekt.
Aber es war immerhin nicht Samstag, positiv denken.
Laut Google gab es vier Zahnärzte in Junin, einer hatte sogar eine WhatsApp-Nummer online, die ich gleich anschrieb.
Es wurde etwas kompliziert, aber am Montag hatte ich schließlich einen Termin um 13:00.
US$50 oder 75.000ARS fürs neu Zementieren. Ein Argentinier hatte in einer Bewertung vor einem Jahr geschrieben, er habe 15.000 gezahlt. Inflation oder Ausländeraufschlag oder Fehlinfo?
Die Brücke saß aufgrund einer gut gemeinten Menge Zement etwas zu hoch, aber der Mann war so unglaublich freundlich, eine Freude.
Er wollte dann US$100, weil eine Brücke ja mehr ist als eine Krone, ruderte aber zurück (kann ich so furchteinflössend gucken? Mal ehrlich!), das wäre gratis, weil ich in seiner Stadt zu Besuch sei.
Akzeptiert.
Ich schaute mir die Stadt an, 100.000 Einwohner laut dem Odontologen, und befand sie für sehr hübsch.
Dann, das wollte ich schon immer mal machen, reinigte ich den Pool. Es gab im Grillraum ein Netz, das sieht aus wie eines zum Fangen von Schmetterlingen, damit zog ich langsam um das Becken. Wie Claudia sagte, kenne auch ich das nur aus amerikanischen Filmen, das wäre auch erledigt auf der im Leben erleben-Liste. Und die Miezen fanden es auch besser so.
Abends zog ich los und holte Pizza. Es gibt riesige Teile, man bestellt eine ganze, halbe oder viertel.
Der Teig war ziemlich dick aber sie war, für eine Pizza, ganz gut, hätte er nur nicht zum Schluss die halbe Flasche Olivenöl darauf gekippt. Kostete 4,80€.
Am Dienstag fuhr ich in fast einem Rutsch die 220Km zur letzten Station und hatte in jeglicher Hinsicht riesiges Glück.
Erst landete ich in dem schönsten Supermarkt von ganz Argentinien, alles Obst und Gemüse dort war ein Traum.
Ich hätte heulen können, dass ich nur eine Tomate brauchte.
Dann meine Unterkunft: ein kleines Häuschen, sehr schön und gepflegt, unglaublich herzliche Gastgeber, Laura und Marcelo, dann auch noch eine Katzenmama mit sechs der süßesten Babies, die die Augen gerade erst auf bekamen.
All das in einem riesigen, gepflegten Garten mit Palmen und Rosen.
Sie brachten mir einen Kärcher Staubsauger, einen Hochdruckreiniger, das Auto sah nach der Fahrt schon schlimm aus, so konnte ich es nicht zurückgeben. Innen war alles überzogen mit einer feinen Schicht rötlichem Sand.
Als ich fertig war, luden sie mich auch noch zum Essen ein, Asado und Salat und eine patagonische Kräuterlimonade, die original wie Fernet Cola schmeckte, aber alkoholfrei war, fand ich sehr lecker.
Marcelos Mutter ist Deutsche, aus der Lausitz, vor vielen Jahrzehnten ausgewandert. Er rief sie an per Videocall und drückte mir das Handy in die Hand.
Das war nett, ich hätte gern länger mit ihr gesprochen und sie über ihr Leben ausgefragt, aber wir begannen zu essen.
Marcelo spricht kein Deutsch, ebensowenig wie seine drei Geschwister, weil sein Vater es nicht lernen wollte, aber auch nicht wollte, dass hinter seinem Rücken bzw. in seiner Anwesenheit über ihn gesprochen werden könnte ohne dass er es verstand.
Es waren noch zwei Kollegen von ihm dabei und er übersetzte freundlicherweise die Inhate grob, die die miteinander besprachen.
Sie konnten erst mal alle nicht glauben, dass ich die ganze Strecke gefahren bin und nicht zwischendurch geflogen. Und alleine. Ja. Ungläubiges Lachen, eine häufige Reaktion.
Ich sortierte aus und es kam eine Menge zusammen. Laura übernahm die Sachen dankenswerterweise.
So hatte ich noch genug für einen Happen zum Abendbrot und zum Frühstück.
Den Rest des Tages verbrachte ich am und im schönen Pool unter Palmen und war mir sehr bewusst, dass ich am übernächsten Nachmittag bei 0° aus dem Flieger steigen würde, 18 Tage in noch kälteren Gefilden unterwegs sein würde (Pinguine!!!!!!!!!!!!!!🐧🤩), dann einen Nachmittag und eine Nacht in Buenos Aires in den Sommer käme, um sodann in Frankfurt im beginnenden deutschen Winter zu landen.
Also sog mein Körper gierig Sonne ein zwischen den blühenden Rosen und den vielen verschiedenen zwitschernden Vögeln.
Abends machte ich aus einem Rest Mehl, Milch und drei Eiern noch zwei Eierkuchen. Einen fürs Frühstück, auf einen Teller gelegt zum abkühlen.
Später ging eine Mieze rein. Morgens wollte ich frühstücken. Teller leer 😂 Ich fand aber den halben Rest noch.
Mittwoch, 22.10.
53Km bis zur Autovermietung am Flughafen Jorge Newbery in Buenos Aires.
Vielleicht eine Gelegenheit, das Verkehrsverhalten in kurzen Sätzen zu beschreiben.
Gestern fuhr ich mit 130 auf der Autobahn. Auf dem Seitenstreifen kam mir ein Radler entgegen. Völlig normal.
Fußgänger haben grundsätzlich keine Rechte. Meistens gibt es eine Ampel für den fahrenden Verkehr, aber keine für Fußgänger. Sie orientieren sich an denen für die Autos. Das ist in Buenos Aires etwas anders, aber auch dort häufig so.
Es gibt Zebrastreifen zuhauf, die aber nur Fußgängerüberwege markieren. Kein Autofahrer hält an. Keiner. Fußgänger haben zu warten.
Überholt wird nach dem Motto „no risk no fun“. In ansteigenden Kurven vor Kuppen gern einen LKW mit 24m/Überlänge (davon gibt es recht viele).
In einer Reihe von Autos hinter einem langsamen LKW beginnt selbstverständlich der hinterste, zu überholen.
Blinken ist für Schwächlinge.
Wenn Du auf einer Straße unterwegs und seit 50Km niemanden mehr begegnet bist und hinter Dir sieht es ähnlich aus, aber ein Auto taucht hinter Dir auf und wird Dich sicher irgendwann überholen wollen, dann kannst Du davon ausgehen, dass er sich erst einmal eine Weile maximal zwei Meter hinter Dir bei 110Km/h an Deine Stoßstange setzen wird.
Wenn er überholt, dann schert er ebenfalls maximal zwei Meter vor Dir wieder ein und reduziert seine Geschwindigkeit.
Auf vollen Autobahnen oder Mautstrassen gilt das Recht des Stärkeren. Hier wird auch gern die Lichthupe als Lichtorgel eingesetzt, um das zu verdeutlichen.
Diese gut 50Km rein in die Stadt waren ganz ehrlich das Schlimmste, was ich seit Monaten erlebt habe.
Die fahren teilweise wie die Wahnsinnigen. Überholt wird überall, man kann sich auch in zu kleine Lücken quetschen, es wird gehupt, vollkommen durchgeknallte Zweiradfahrer tauchen plötzlich in dem schmalen Spalt zu einem LKW auf im toten Winkel, es war unglaublich stressig. Aber anscheinend nur für mich.
Die Autobahn war 12spurig, das war ähnlich schrecklich wie in Toronto.
Wider Erwarten war die Autovermietung handzahm. Ich warte darauf, dass noch etwas kommt, denen traue ich nicht über den Weg.
Ich fuhr mit dem Taxi zu meinem Appartement, stritt mit dem Taxifahrer, der aggressiv mehr Trinkgeld forderte und ließ ihn schließlich stehen. Frechheit. Unangenehm bedrohlich. Meinen manche Männer, alle Frauen liessen sich von so einem Verhalten einschüchtern?
Ich sah ganz kurz Stella, deren Mutter krank ist, weshalb sie keine Zeit hatte, dann konnte ich meinen Termin im Nagelstudio vorlegen, Gottseidank! Es sah schon nicht mehr schön aus. Jetzt ist es drei Wochen jenseits jeglicher Zivilisation-tauglich.
Danach lief ich drei Stunden durch Straßen, die ich noch nicht kannte. Und sah wieder viele schöne Fassaden, tolle riesige Türen, hübsche und einladende Schaufenster.
Ich war in der Kathedrale, wirklich groß, die das Grab von General Martín beheimatet.
Ich aß einen richtig guten Burger bei Mostaza, der argentinischen Burgerkette. Sehr lecker.
Ich benötigte mal wieder Klebecover für meine Handykamera. Im ersten Laden sagte die Verkäuferin, 20.000 Pesos. Ich hab gelacht und gefragt, ob sie das ernst meint. Abschätziger Blick, keine Antwort. Ich hab die Frage wiederholt, blödes Grinsen. Tschüss.
Im nächsten Laden wollten sie 7.000 haben, identisches Produkt.
Von dieser Abzocke habe ich die Nase gestrichen voll.
Ich bekomme ja fast täglich mit, dass Einheimische für das gleiche teilweise ganz erheblich weniger zahlen müssen als ich.
Ich bin 9.227 Kilometer gefahren, weniger, als gedacht.
Und jetzt: Beitrag online stellen, Koffer umpacken für den Flug morgen, Sandalen rein, Wollsocken und Daunenjacke raus, duschen, Uber bestellen und dann diesen vollen Tag mal Revue passieren lassen.
Der Roadtrip ist zu Ende, morgen beginnt der zweite Teil des Abenteuers Argentinien.
- Charlotte Tina
- vor 7 Tagen
- 8 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 5 Tagen
Sonntag, 12.10.
200Km lang war alles schön und dann begannen wieder 80Km schlimmster Wellblechpiste, die sich immer schön mit tiefem Kies abwechselte, das fühlte sich an wie schwimmen mit dem Wagen. War super.
Aber ich sah erstaunliche Landschaften. Ein Fluss, dessen Wasser seltsamerweise seine Umgebung nicht nährte, sondern dessen Ufer aus feinstem Wüstensand bestanden mit äußerst spärlicher Vegetation.
Ein einsamer Flamingo 20m neben einer einzelnen Kuh in einem Flussbett.
Zwei ältere Radler, die sich in sengender Sonne über diese Strecke quälten und ich konnte mir einfach nicht vorstellen, wie sie die 70Km noch schaffen wollten.
Ein Schaf, dessen Kopf zuerst auftauchte, einige Meter danach in der Straßenmitte der Körper, das Skelett umgeben von Fell, innen hohl. Wie lange mochte das dort schon liegen? Alle umfuhren es.
Einen ähnlichen Anblick bot eine Kuh.
Der Bauch ist offensichtlich die Stelle, an der das Fell am dünnsten ist, dort ist immer die Öffnung.
Ich gewöhne mich an diese Bilder, was ich gut finde. Anfangs wollte ich immer direkt in den Graben kotzen, jetzt schaue ich mir das interessiert an.
So sehr mich die Kargheit und Weite auch faszinieren aus der trügerischen Sicherheit des Autos heraus und so schön es ist, es reicht mir jetzt mit Wüste und Steppe.
In Malargüe suchte ich ewig nach einem Steak, in meinem Last Minute-Häuschen für 45€ traf ich auf den extrem netten Vermieter Juan und nutzte seine schönen Grills.
Ich hatte die Tage Kassenbons, Pappverpackungen und trockene Zweige gesammelt, also ging es diesmal flott. Dazu ein Salat, lecker.
Montag, 13.10.
Auf nach Mendoza!
Ich hatte drei Nächte in einer privaten Unterkunft gebucht für 111€. So waren zwei Tage für Unternehmungen möglich, die ich mir vorab überlegt hatte.
Zum einen Reiten in den Anden mit anschließendem Asado und dann noch eine Tour mit Weinverkostung durch drei Bodegas und eine Olivenölfabrik.
Die Fahrt war interessant, weil die Landschaft sich von Kurve zu Kurve ständig veränderte.
Ich fuhr lange am Fuß der Anden entlang.
In einem Ort fiel mir ein Hund auf, der hektisch versuchte, etwas aus einer Mülltonne zu zerren.
Mein erster zu beglückender Hund!
Bremsen und mit der am Vortag erstandenen Trockenfuttertüte zu ihm hin war eins.
Der arme Kerl dachte wohl, ich würde ihn vertreiben aber er guckte nicht nur ängstlich, sondern auch neugierig und stürzte sich dann auf das Futter. Schön. He made my day.
Einfahrt nach Mendoza: über 20Km dichter Verkehr-kenne ich nicht mehr!
Erst war ich schockiert, weil ich auf einer vielspurigen Straße im Stau stand, irrer Lärmpegel, Mopeds, Hupen.
Meine Wohnung hat um die Ecke einen Parkplatz, ich habe vier Schlüssel, alles hier ist gesichert und vergittert wie Fort Knox. So würde ich nicht leben wollen, mit Gittern vor allen Fenstern und Türen.
In allen Behausungen bisher war immer der Duschvorhang zugezogen. Creepy! Haben die nie Hitchcock gesehen? Jedenfalls ist das fast das erste, was ich mache, den Vorhang zur Seite ziehen.
Die zweite Stadt in drei Tagen, die mich positiv überrascht.
Schönes Lebensgefühl hier und wirklich hübsch.
Was mir auffiel waren allerdings viele Menschen, die allein irgendwo saßen und zu einem großen Teil einsam aussahen.
Zwischen allein und einsam sieht man manchmal schon den Unterschied.
Stadtmitte ist Ciudad, die Plätze España, Italia und Independencia sind hübsche Oasen mit netten Details, wie den Schmuckfliesen am Boden.
An jeder Ecke ist ein Weingeschäft, Argentinien ist mit 4,4% Anteil an der weltweiten Produktion auf dem siebten Platz.
Mendoza ist die Weinhauptstadt. 140Km entfernt sah ich die ersten Rebstöcke, die schnell flächendeckend wurden.
Die Region ist insbesondere bekannt für ihren Malbec, die Traube findet hier optimale Bedingungen. Ich habe mal gelesen, in Mendoza könne man keinen schlechten Wein trinken.
Ich habe bislang drei Rosés in Supermärkten gekauft, von 3,50€ bis zum teuersten den sie da hatten für 7,80€. Alle waren sehr gut, der günstigste war mir der leckerste.
Für den Preis gibt es bei uns Nagellackentferner.
Dienstag, 14.10.
Mit dem Veranstalter konnte ich aufgrund meiner Innenstadtwohnung die Abholung vereinbaren.
Ich schlenderte erneut einige Stunden durch die hübsche Stadt. Nur diese furchtbaren Gitter und Stacheldraht…das ist ja wie im Knast sitzen.
Ich verstehe die Preise immer noch nicht. Ein Kilo frischer Spinat 0,32€. Ein gebrauchter Pullover im Second Hand Shop in schon etwas gelebtem Zustand und nicht aus tollem Material 18€.
Ein Kaffee mit Croissant in einer Seitenstraße 0,96€. Auf einer Hauptstraße durchaus 5-6€.
Es gibt hier, neben Tankwarten, auch noch Schuhputzer. So viele Leute, so personalintensives Arbeiten. Und alle wirken so viel entspannter und zufriedener als bei uns, obwohl sie vermutlich wesentlich weniger verdienen.
Der Postbote, der mit seiner Post bei einem Kaffee auf der Straße saß, der Kassierer im Supermarkt, der in aller Ruhe aufstand, um einer Kundin etwas ausführlich zu zeigen und niemand regte sich auf, der ältere Herr, der in seinem für ihn zu großen Auto rangierte und den Verkehr aufhielt und dabei alle Poller in seiner Umgebung mitnahm, keiner moserte. Die Frau im Obstladen, der geschlossen war, die aber, als ich davor stand, öffnete für eine Mango für 0,90€. So viele Leute, die ihren Job mit einem Lächeln machen. Straßenkehrer im entspannten Gespräch mit Fahrradpolizisten.
Um 14:50 bekam ich eine Nachricht, das Auto stehe vor der Tür, ein großer Pickup.
Wir fuhren aus der Stadt (Mendoza liegt auf 746m Höhe) in die Nähe von Villavicencio, allerdings bogen wir vor dem Ort auf einen wirklich üblen Weg ab, der stetig ansteigend und kurvig über mehrere Kilometer direkt an den Fuß der Berge führte. Ich hätte nicht gedacht, dass man so etwas mit einem Auto fahren kann. Kann man. Schön ist anders.
Die Farm ist wirklich abgelegen. Dort standen, es war noch eine Familie aus Brasilien in einem weiteren Wagen gekommen, unsere Pferde schon bereit. Es war ein Paar aus Florida und eine Rumänin dabei.
Die Hunde hielten noch Siesta, die Hühner wuselten durch alles durch, die Kinder der Familie freuten sich, weil zahlende Gäste immer Kekse und Limonade bedeuteten und sie sich ebenfalls schadlos halten konnten.
Die herzliche Mutter und Chefin Stella sprach sehr gut Englisch und berichtete stolz von ihrer angehenden Truthahnzucht. Sind das hässliche Vögel! Ich habe zum ersten Mal welche gesehen.
Diese kleine Farm liegt auf 1.600 Metern.
Sie erklärte die Strecke (wir nahmen die schwierigste der drei möglichen Optionen), fragte, ob wir Helme wollten, was ich, zunächst als einzige, bejahte.
Reiten ist eine durchaus gefährliche Sache. Ich fahre ja auch nicht Motorrad ohne Helm, wieso also in extrem unwegsamem Gelände auf dem Rücken eines Tiers, das so dermaßen schreckhaft ist, auch Fehler machen kann und dass ich nicht kenne?
Es schlossen sich alle an.
Das war, so zeigte sich, auch wegen der brezelnden Sonne eine sehr gute Idee.
Wir ritten los, begleitet von einem jüngeren Hund (die Senioren verlängerten ihr Nickerchen) und vorweg und hinten je ein Gaucho, Juan und den Namen des anderen, älteren weiß ich nicht.
Der Mann trug tatsächlich klirrende Sporen. Für mich hieß er Bilbo.
Das war kein Ausritt, sondern Pferde-Trekking.
Es ging über Sand, Steine und Geröll immer bergan, allerdings so moderat, dass es erst beim Zurückblicken auffiel, dass wir viele Höhenmeter zurücklegten. Und natürlich, weil jemand anderes den anstrengenden Teil übernahm.
Insgesamt waren wir gute drei Stunden unterwegs, die letzten 100 Meter waren sehr steil, auch zu Fuß wäre das so gewesen, und sehr sandig.
Der Pfad war so schmal, dass ich nicht hätte absteigen können.
Eine US-Amerikanerin fing an zu weinen aus Panik und kraxelte schließlich auf zwei Beinen hoch (und auch wieder runter), der Rest vertraute auf die Pferde.
Wir wurden mit einer unglaublichen Aussicht belohnt.
Wir verbrachten dort oben auf 2.100m (ich habe dazu drei verschiedene Zahlen gehört bis 2.400m-keine Ahnung, was nun stimmt) eine halbe Stunde.
Vor dem Abstieg hatte ich dann auch Respekt, die Pferde schlitterten in dem Sand und auf den Steinen teilweise den sehr steilen Hang hinunter und tasteten nach Halt, das brasilianische Mädchen weinte vor Angst, ihr Pferd wollte nicht weiter an einer Stelle und wir standen alle ein wenig unbequem und konnten nicht vor oder zurück oder absteigen, weil es so schmal und an den Seiten abschüssig war.
Aber alles wurde gut, wie ja fast immer.
Bilbo lief bedächtig zurück und zerrte das Tier den Hang runter, wir kamen wohlbehalten und erledigt zurück auf die Farm, wo ein gedeckter Tisch, aufgedrehte Kinder und ein schmackhaftes Asado mit leckerer Limonade und sehr gutem Rotwein in rustikalem Rahmen auf uns warteten.
Der Fahrer hatte die ganze Zeit gewartet und setzte uns nacheinander wieder in Mendoza ab, da war es dann gegen 22:00.
Insgesamt ein tolles Erlebnis mit einem schönen Schuss Adrenalin beim „Abstieg“.
Durch die Kinder war es an vielen Stellen sehr langsam und dadurch auch mal etwas langweiliger. Nichtsdestotrotz, es war sehr schön und ich kann es nur empfehlen. Kosten komplett 103€.
Mittwoch, 15.10.
Der Tag der Weintour. Der Vormittag ging leider durch den nicht funktionierenden Boiler in der Wohnung drauf, so kam ich nicht zur Markthalle, die am anderen Ende der Stadt ist. Aber ich besorgte mir noch frische Salatzutaten und 1,5Kg Orangen für 0,85€, die im Kühlschrank lagern und für die morgige Fahrt gepresst werden 😋
Ich habe durch das ungesunde Zeug, das viele Gebäck und das viele tote Brot aus Weißmehl unangenehm zugenommen, da muss ich jetzt mal wieder gegensteuern.
Ich finde Kuchen zum Frühstück nach wie vor eine bescheuerte Idee.
Wie gestern hatte ich die Abholung vereinbart, zu 14:00 Uhr, das klappte wieder wunderbar mit Benachrichtigung über WhatsApp kurz vorher.
In Argentinien wird alles über WhatsApp geregelt, Buchungen bestätigt und Kommunikation dazu, mit fast allen bislang.
Wir waren eine Gruppe von 18 Leuten in einem nagelneuen Kleinbus, sehr übersichtlich. An den Stopps gab es dann immer eine englische und spanische Führung.
Zuerst besuchten wir die Bodega Cecchi, altmodisches Flair, sehr schön. Ein kurzer Rundgang, der zweite Betrieb im Land, der Bio-zertifiziert wurde.
Wir bekamen fünf Weine zum Probieren.
Ich trank immer einen Schluck, schüttete den Rest weg und spülte mit Wasser nach.
Die meisten tranken alles. Es wurde nicht unbedingt geizig ausgeschenkt. Ich hätte nach der zweiten Station raus getragen werden müssen, aber bemerkenswert viele Menschen sind erstaunlich trinkfest.
Von dort ging es weiter zum Weingut Vistandes, das cleane, moderne Kontrastprogramm.
Wir verkosteten vier Weine.
Es gibt in Argentinien eine einzige heimische Traube, die Torrontés, aus der, zumeist als Spätlese, Weißwein und Spumante produziert wird. Mir zu süß.
Auch wenn die Frau am unterkühltesten war hier, haben wir viel erfahren.
Die erste Fermentation in Stahltanks von Weisswein und Rosé dauert 7-10 Tage, die von Rotwein 20.
Die zweite Fermentation von Rotwein findet in Betontanks statt, sie dauert maximal vier Monate. Dann kommt der Wein (ggf.) in Barriquefässer aus französischer oder amerikanischer Eiche. Bis zu 20 Jahre bleibt er darin. Wenn es weniger als ein Jahr ist, heißt er „Reserva“, ist er länger darin, „Gran Reserva“. Aus dem Fass dann wird er in Flaschen abgefüllt.
Von dort fuhren wir zur Olivenölfabrik Centenario (mittlerweile aber, seit der Namensgebung, sind es 150 Jahre alte Bäume).
Wir probierten uns durch fünf Öle, Oliven und kleine Brotstückchen mit verschiedenen Aufstrichen aus Oliven, Tomaten oder Auberginen.
8kg Oliven ergeben 1l Öl.
Mir schmeckte das grüne Gold aus der gelb etikettierten Flasche am besten, aus der Farga Olive. Das gab es im Verkauf noch unfiltriert, was ich am liebsten mag und somit reisen zwei kleine Flaschen mit mir weiter und nach Berlin.
Ich fand es eher teuer (cash bekam ich 10% Rabatt), aber vergleichbar mit den Preisen bei uns für sehr gutes Öl.
Und ich kenne die Bäume ja nun persönlich😎
Unser letzter Stopp war eine Mischung aus Bodega und Weinmuseum, nett.
Drei Weine wurden uns hier kredenzt, auch ein süßer Malbec als Spätlese, das ist einfach nicht mein Fall, aber als winziger Schluck durchaus interessant und auch ganz lecker.
Das Preis Leistungs-Verhältnis dieser ganzen Unternehmung fand ich erstaunlich gut. Ich habe 31€ bezahlt für die 5,5h.
Das waren erlebnisreiche zweieinhalb Tage in Mendoza.
Mein Wunschzettel für Argentinien ist nun abgehakt. Ich muss noch die gut tausend Kilometer nach Buenos Aires zurück fahren, dafür habe ich (das war mein Puffer) noch sechs Tage Zeit, die ich verdaddeln kann.
Morgen geht es weiter nach Villa Mercedes, nun wieder nach Osten. Von der RN40 verabschiede ich mich hier, nun geht es weiter auf der 7.
In Buenos Aires beginnt dann der zweite Teil der Reise, nachdem ich das Auto abgegeben habe 🤩
- Charlotte Tina
- 12. Okt.
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 7 Tagen
Donnerstag, 9.10.
Entspannt machte ich mich auf den Weg und fuhr zunächst die Halbinsel ab, die den Llao Llao Nationalpark beheimatet.
Das Wetter war nicht so toll, aber meistens trocken, also alles gut.
Bariloche sieht nach einer sehr hübschen Stadt aus, aber der Verkehr war mir zu heftig und deshalb fuhr ich direkt zur RN40.
Eine tolle Strecke über 200Km nach San Martín de Los Andes, die Ruta de los Siete Lagos, die Route der sieben Seen.
Kurvenreich, viel auf und ab, abwechslungsreich, wunderbare Landschaft, tolle Aussichtspunkte.
Hat Spaß gemacht, das zu fahren.
Und man kann alle 2 Minuten aussteigen, um den Blick zu genießen und ein Foto zu machen. Ich habe 6,5h gebraucht.
San Martin de los Andes liegt auf 630m Höhe am Lago Lácar, einem Gletschersee. Ort und See sind eingerahmt von den Anden. Malerisch.
In San Martin musste ich steil bergauf über eine eher schmale Schotterstraße zur Unterkunft.
Das Zimmer war sehr schön, der Blick großartig, leider stimmten die Angaben bei booking nicht, von wegen Gemeinschaftsküche, Herd usw., das gab es nicht. Hätte ich so nicht gebucht.
Also Brot und Salami und Käse aus dem Vorrat, auch gut. Das Restaurant war mir zu teuer (zB 10,80€ für ein Stück Kuchen???!):
Allerdings hatte ich mich sehr auf zwei Tage Ruhe gefreut, lecker und gesund kochen, Beine hoch. Das fiel nun ins Wasser.
Auf der Strecke war ich in einem Supermarkt und habe mal die Kamera, ohne Makel besonders zu fokussieren, aufs Gemüse gehalten. Das ist ziemlich normal (im Supermarkt):
Es gibt aber auch Obst- und Gemüseläden (mit besserer Qualität), wie bei uns früher.
Hier gibt es auch (noch) Haushaltswarenläden, Eisenwarenhandlungen, Bäckereien, Patisserien, Kurzwarenläden (in Esquel war so ein unfassbar schöner, altmodischer Laden mit unendlichen Metern Vitrinen/Tresen aus dunklem Holz und Glas, so etwas kannte ich nur aus Filmen; war mir zu peinlich, da wie wild zu fotografieren), all die spezialisierten Geschäfte, die bei uns leider ausgestorben sind.
Ich drücke mir da die Nase oft am Schaufenster platt oder husche hinein, starre verzückt und streiche verstohlen mit den Fingerspitzen über die Oberflächen, um so viel wie möglich von der Atmosphäre aufzunehmen.
Da stehen dann gut und gerne drei, vier oder fünf VerkäuferInnen hinter dem Tresen und sind mit geheimnisvollen Dingen beschäftigt, notieren etwas in großen Kladden, die aussehen wie Kontorbücher.
Die Kunden, die bedient werden, erhalten die volle Aufmerksamkeit und Zeit, die es braucht.
Man hört die Zeit langsamer ticken.
In Esquel war ich auch in einem Laden, der Herde, Backöfen und Grills verkaufte. Ein Traum. Daneben Rasenmäher 🤣
Freitag. 10.10.
Es gab immerhin den Versuch eines Sauerteigbrotes zum Frühstück, keine Butter aber die allgegenwärtige Käsecreme und, ebenso allgegenwärtig, Schinken und Käse.
Oh, und Omelette. Gefüllt mit Schinken und Käse. Und natürlich Kuchen ohne Ende. Die Croissants waren erstmals ausgezeichnet.
Ich schlitterte mit dem Toyota runter nach San Martin und schlenderte durch die Straßen. Kühe liefen über ein Krankenhausgelände.
Nett, aber sehr touristisch und teuer.
Ich fand den Stanley Reisebecher, den ich zu Hause habe, allerdings eine Nummer größer und fragte nach dem Preis. 117.000 Pesos, also 70€ 😳 Der kostet bei uns etwa 40€.
Das liegt daran, erfuhr ich, dass auf eingeführte ausländische Produkte 70% Steuer erhoben werden.
Dann betrat ich die Touristeninformation. Ich wollte mich nach meinem potentiellen neuen Hobby erkundigen, dem Wandern, ich muss ja üben.
Eine Karte gab es nicht, aber ich könne rechts von der Bucht einen Wanderweg hochgehen, nach drei Kilometern käme ich an eine Hütte, wo ich 5.000 Pesos zahlen müsste, 50m weiter wäre dann der Aussichtspunkt, so die graue Maus hinter der großflächigen Glasscheibe und den großen, altmodischen, spiegelnden Brillengläsern, die wegen der großflächigen Glasscheibe kaum zu verstehen war und auch mich kaum verstand.
Bin ich die einzige, die sich bei so einer Ansage verscheissert fühlt?
Alternativ, schlug sie vor, könne ich den Weg am Wasser entlang gehen.
Ich wandte ein, da sei doch nur die RN40 und kein Fußweg, kein breiter Seitenstreifen?
Ja, 4Km die Straße entlang, genau.
Ich beschloss, dieses Thema zu vertagen.
Im Supermarkt erstand ich Äpfel und eine Gurke als Snack für die Fahrt morgen und eine Quiche mit Hähnchen, die unerwartet lecker war, richtig gut.
Dann rumpelte ich im Staub zurück auf den Berg.
Einen Kaffee und ein Stück Quiche später: 🐝 🐝 🐝
Meine Übungsstrecke führte mich die staubige Straße weiter nach oben. Die Aussicht wurde immer besser.
Ich buchte ein Hotel für den nächsten Tag, keine Auswahl mal wieder, und genoss auf der Bank den Blick bei schwindender Sonne.
Samstag, 11.10.
Ein verrückter Tag. 480Km. Fast direkt nach San Martín begann wieder Steppe und auch Wüste. Über fast all die Kilometer. Neben, vor und/oder hinter mir fast immer Berge.
Da ich in den Anden bin, wollte ich natürlich einen Andenkondor sehen.
Am Gletscher Perito Moreno flog ein sehr großer Vogel, die Norweger meinten, das sei einer gewesen. Hm.
Auf meiner Strecke war ein Kondorausguck, da wollte ich hin:
Interessant, sogar mal auf Englisch, kein Kondor. Nur ein kleiner, verkleideter.
Also weiter.
Und dann schwebten den restlichen Tag immer wieder Kondore über mir und ich war immer zu spät mit der Kamera. Das ist halt ein Problem wenn man allein fährt, keinen Seitenstreifen hat und nach oben starren will.
Suchbild:
Da es doch eine Menge waren bin ich zuversichtlich, noch bessere Fotos liefern zu können.
Heute lief Fischer-Z, die habe ich seit vermutlich 30 Jahren oder länger nicht mehr gehört. Einige Songs sind aber einfach klasse.
Kurze Zeit später tauchte ein kleiner See auf mit hellblauer Wasseroberfläche und es sah aus, als seien an den Gewässerrändern dicke Salzkrusten. Und inmitten dieser ohnehin schon unwirklichen Farben in dieser Steppe standen haufenweise grellrosane Flamingos.
Das war ein wirklich schrilles Bild und leider!!! wieder zu weit weg für iPhone. Seufz.
Schon in den ersten Tagen des Roadtrips fielen mir die vielen, vielen Plastikflaschen mit gelber Flüssigkeit an den Straßenrändern auf.
Es hat tatsächlich etwa zwei Tage gebraucht, bis es geklickt hat… Was denken die Typen sich dabei? Die werden buchstäblich ewig dort liegen und es werden täglich mehr🤢
Dann begann der schlimme Teil des Tages. Ich fuhr vor mich hin, vielleicht 40-50Km seit der letzten menschlichen Behausung, da lief im Schotterbankett ein junger großer schwarzer Hund. Ich fuhr langsamer und wunderte mich. Nach ein paar Kilometern dachte ich, bis zur nächsten Behausung sind es auch über 30Km, die Sonne knallte, es gab weit und breit kein Wasser, das würde er nicht überleben.
Also wendete ich, stellte Wasser und Tupperschüssel bereit, kramte nach dem Rest Quiche. Ich sah ihn bald und hielt an.
Er schaute gehetzt und verängstigt und bevor ich etwas sagen konnte raste er davon in die Wildnis.
Ich rief, keine Reaktion.
Dann fand ich ihn wieder, er sah mich und nahm wieder Reißaus. Das arme Tier.
Ich hatte keine Chance, ihm zu helfen. Das wird mich, ich weiß es, ebenso verfolgen wie das totkranke, verhungernde Katzenbaby in Chefchaouen in Marokko.
Extrem bedrückt kam ich in Chos Malal an.
Ich hatte mir nichts erwartet als eine Übernachtung auf dem Weg im üblichen Barackencharme an sandiger Straße, der Ort ist aber wirklich sehr schön, von beeindruckender Landschaft umgeben, entspannte, freundliche Menschen, auch viele junge, die alle miteinander sprachen, auf der Straße, in Geschäften, in Cafés, den Parks.
Obwohl der Ort klein ist wirkt er sehr lebendig.
Das vermittelte den Eindruck einer hohen Lebensqualität.
Nette Geschäfte, Märkte, Restaurants, Grünflächen, Straßen. Sehr hübsch und gepflegt.
Wenn Häuser verputzt oder gestrichen sind sieht es so viel schöner aus.
Am Fluss gab es ein kostenloses und gut frequentiertes Kinderkarussell mit viel Gelächter.
Auch das Hotel ist, entgegen vielen Rezensionen, sehr nett und sauber und hat einen sehr schönen Garten.
Ich hatte den Eindruck, dass sich nicht viele Ausländer hierher verirren.
Eine junge Verkäuferin in einem Bekleidungsladen (ich brauche ein TShirt und finde keins) kicherte einfach nur ununterbrochen ganz aufgelöst, da war eine ziemlich große, anrührende Unsicherheit.
Etwas in der Art passierte mir noch zwei mal auf wenigen Metern, erstaunlich.
Ich machte einen langen Spaziergang, lernte einige Hunde kennen und dachte, ich kann zumindest ein paar von den armen Mäusen mal etwas glücklicher machen, besser als gar nichts und kaufte eine Tüte Futter, die im Fußraum auf Bedürftige wartet.
Am Fluss tauchte ein Hügel auf mit dem Torre Chos Malal darauf. Das nun aktivierte Wander-Gen schnaubte ganz aufgeregt, Hopphopp, rauf da!
Also krabbelte ich folgsam den steilen, sandigen Abhang hinauf um festzustellen, dass auf der anderen Seite eine schöne Behindertenrampe mit ausgesprochen moderater Steigung einen bequemeren Zugang ermöglicht hätte.
Aber das wäre ja langweilig, sagte das frisch erwachte Gen. Richtig. Total langweilig.