🇦🇷Malargüe-Mendoza, 12.-15.10.25
- Charlotte Tina
- vor 7 Tagen
- 8 Min. Lesezeit
Aktualisiert: vor 5 Tagen
Sonntag, 12.10.
200Km lang war alles schön und dann begannen wieder 80Km schlimmster Wellblechpiste, die sich immer schön mit tiefem Kies abwechselte, das fühlte sich an wie schwimmen mit dem Wagen. War super.
Aber ich sah erstaunliche Landschaften. Ein Fluss, dessen Wasser seltsamerweise seine Umgebung nicht nährte, sondern dessen Ufer aus feinstem Wüstensand bestanden mit äußerst spärlicher Vegetation.
Ein einsamer Flamingo 20m neben einer einzelnen Kuh in einem Flussbett.
Zwei ältere Radler, die sich in sengender Sonne über diese Strecke quälten und ich konnte mir einfach nicht vorstellen, wie sie die 70Km noch schaffen wollten.
Ein Schaf, dessen Kopf zuerst auftauchte, einige Meter danach in der Straßenmitte der Körper, das Skelett umgeben von Fell, innen hohl. Wie lange mochte das dort schon liegen? Alle umfuhren es.
Einen ähnlichen Anblick bot eine Kuh.
Der Bauch ist offensichtlich die Stelle, an der das Fell am dünnsten ist, dort ist immer die Öffnung.
Ich gewöhne mich an diese Bilder, was ich gut finde. Anfangs wollte ich immer direkt in den Graben kotzen, jetzt schaue ich mir das interessiert an.
So sehr mich die Kargheit und Weite auch faszinieren aus der trügerischen Sicherheit des Autos heraus und so schön es ist, es reicht mir jetzt mit Wüste und Steppe.
In Malargüe suchte ich ewig nach einem Steak, in meinem Last Minute-Häuschen für 45€ traf ich auf den extrem netten Vermieter Juan und nutzte seine schönen Grills.
Ich hatte die Tage Kassenbons, Pappverpackungen und trockene Zweige gesammelt, also ging es diesmal flott. Dazu ein Salat, lecker.
Montag, 13.10.
Auf nach Mendoza!
Ich hatte drei Nächte in einer privaten Unterkunft gebucht für 111€. So waren zwei Tage für Unternehmungen möglich, die ich mir vorab überlegt hatte.
Zum einen Reiten in den Anden mit anschließendem Asado und dann noch eine Tour mit Weinverkostung durch drei Bodegas und eine Olivenölfabrik.
Die Fahrt war interessant, weil die Landschaft sich von Kurve zu Kurve ständig veränderte.
Ich fuhr lange am Fuß der Anden entlang.
In einem Ort fiel mir ein Hund auf, der hektisch versuchte, etwas aus einer Mülltonne zu zerren.
Mein erster zu beglückender Hund!
Bremsen und mit der am Vortag erstandenen Trockenfuttertüte zu ihm hin war eins.
Der arme Kerl dachte wohl, ich würde ihn vertreiben aber er guckte nicht nur ängstlich, sondern auch neugierig und stürzte sich dann auf das Futter. Schön. He made my day.
Einfahrt nach Mendoza: über 20Km dichter Verkehr-kenne ich nicht mehr!
Erst war ich schockiert, weil ich auf einer vielspurigen Straße im Stau stand, irrer Lärmpegel, Mopeds, Hupen.
Meine Wohnung hat um die Ecke einen Parkplatz, ich habe vier Schlüssel, alles hier ist gesichert und vergittert wie Fort Knox. So würde ich nicht leben wollen, mit Gittern vor allen Fenstern und Türen.
In allen Behausungen bisher war immer der Duschvorhang zugezogen. Creepy! Haben die nie Hitchcock gesehen? Jedenfalls ist das fast das erste, was ich mache, den Vorhang zur Seite ziehen.
Die zweite Stadt in drei Tagen, die mich positiv überrascht.
Schönes Lebensgefühl hier und wirklich hübsch.
Was mir auffiel waren allerdings viele Menschen, die allein irgendwo saßen und zu einem großen Teil einsam aussahen.
Zwischen allein und einsam sieht man manchmal schon den Unterschied.
Stadtmitte ist Ciudad, die Plätze España, Italia und Independencia sind hübsche Oasen mit netten Details, wie den Schmuckfliesen am Boden.
An jeder Ecke ist ein Weingeschäft, Argentinien ist mit 4,4% Anteil an der weltweiten Produktion auf dem siebten Platz.
Mendoza ist die Weinhauptstadt. 140Km entfernt sah ich die ersten Rebstöcke, die schnell flächendeckend wurden.
Die Region ist insbesondere bekannt für ihren Malbec, die Traube findet hier optimale Bedingungen. Ich habe mal gelesen, in Mendoza könne man keinen schlechten Wein trinken.
Ich habe bislang drei Rosés in Supermärkten gekauft, von 3,50€ bis zum teuersten den sie da hatten für 7,80€. Alle waren sehr gut, der günstigste war mir der leckerste.
Für den Preis gibt es bei uns Nagellackentferner.
Dienstag, 14.10.
Mit dem Veranstalter konnte ich aufgrund meiner Innenstadtwohnung die Abholung vereinbaren.
Ich schlenderte erneut einige Stunden durch die hübsche Stadt. Nur diese furchtbaren Gitter und Stacheldraht…das ist ja wie im Knast sitzen.
Ich verstehe die Preise immer noch nicht. Ein Kilo frischer Spinat 0,32€. Ein gebrauchter Pullover im Second Hand Shop in schon etwas gelebtem Zustand und nicht aus tollem Material 18€.
Ein Kaffee mit Croissant in einer Seitenstraße 0,96€. Auf einer Hauptstraße durchaus 5-6€.
Es gibt hier, neben Tankwarten, auch noch Schuhputzer. So viele Leute, so personalintensives Arbeiten. Und alle wirken so viel entspannter und zufriedener als bei uns, obwohl sie vermutlich wesentlich weniger verdienen.
Der Postbote, der mit seiner Post bei einem Kaffee auf der Straße saß, der Kassierer im Supermarkt, der in aller Ruhe aufstand, um einer Kundin etwas ausführlich zu zeigen und niemand regte sich auf, der ältere Herr, der in seinem für ihn zu großen Auto rangierte und den Verkehr aufhielt und dabei alle Poller in seiner Umgebung mitnahm, keiner moserte. Die Frau im Obstladen, der geschlossen war, die aber, als ich davor stand, öffnete für eine Mango für 0,90€. So viele Leute, die ihren Job mit einem Lächeln machen. Straßenkehrer im entspannten Gespräch mit Fahrradpolizisten.
Um 14:50 bekam ich eine Nachricht, das Auto stehe vor der Tür, ein großer Pickup.
Wir fuhren aus der Stadt (Mendoza liegt auf 746m Höhe) in die Nähe von Villavicencio, allerdings bogen wir vor dem Ort auf einen wirklich üblen Weg ab, der stetig ansteigend und kurvig über mehrere Kilometer direkt an den Fuß der Berge führte. Ich hätte nicht gedacht, dass man so etwas mit einem Auto fahren kann. Kann man. Schön ist anders.
Die Farm ist wirklich abgelegen. Dort standen, es war noch eine Familie aus Brasilien in einem weiteren Wagen gekommen, unsere Pferde schon bereit. Es war ein Paar aus Florida und eine Rumänin dabei.
Die Hunde hielten noch Siesta, die Hühner wuselten durch alles durch, die Kinder der Familie freuten sich, weil zahlende Gäste immer Kekse und Limonade bedeuteten und sie sich ebenfalls schadlos halten konnten.
Die herzliche Mutter und Chefin Stella sprach sehr gut Englisch und berichtete stolz von ihrer angehenden Truthahnzucht. Sind das hässliche Vögel! Ich habe zum ersten Mal welche gesehen.
Diese kleine Farm liegt auf 1.600 Metern.
Sie erklärte die Strecke (wir nahmen die schwierigste der drei möglichen Optionen), fragte, ob wir Helme wollten, was ich, zunächst als einzige, bejahte.
Reiten ist eine durchaus gefährliche Sache. Ich fahre ja auch nicht Motorrad ohne Helm, wieso also in extrem unwegsamem Gelände auf dem Rücken eines Tiers, das so dermaßen schreckhaft ist, auch Fehler machen kann und dass ich nicht kenne?
Es schlossen sich alle an.
Das war, so zeigte sich, auch wegen der brezelnden Sonne eine sehr gute Idee.
Wir ritten los, begleitet von einem jüngeren Hund (die Senioren verlängerten ihr Nickerchen) und vorweg und hinten je ein Gaucho, Juan und den Namen des anderen, älteren weiß ich nicht.
Der Mann trug tatsächlich klirrende Sporen. Für mich hieß er Bilbo.
Das war kein Ausritt, sondern Pferde-Trekking.
Es ging über Sand, Steine und Geröll immer bergan, allerdings so moderat, dass es erst beim Zurückblicken auffiel, dass wir viele Höhenmeter zurücklegten. Und natürlich, weil jemand anderes den anstrengenden Teil übernahm.
Insgesamt waren wir gute drei Stunden unterwegs, die letzten 100 Meter waren sehr steil, auch zu Fuß wäre das so gewesen, und sehr sandig.
Der Pfad war so schmal, dass ich nicht hätte absteigen können.
Eine US-Amerikanerin fing an zu weinen aus Panik und kraxelte schließlich auf zwei Beinen hoch (und auch wieder runter), der Rest vertraute auf die Pferde.
Wir wurden mit einer unglaublichen Aussicht belohnt.
Wir verbrachten dort oben auf 2.100m (ich habe dazu drei verschiedene Zahlen gehört bis 2.400m-keine Ahnung, was nun stimmt) eine halbe Stunde.
Vor dem Abstieg hatte ich dann auch Respekt, die Pferde schlitterten in dem Sand und auf den Steinen teilweise den sehr steilen Hang hinunter und tasteten nach Halt, das brasilianische Mädchen weinte vor Angst, ihr Pferd wollte nicht weiter an einer Stelle und wir standen alle ein wenig unbequem und konnten nicht vor oder zurück oder absteigen, weil es so schmal und an den Seiten abschüssig war.
Aber alles wurde gut, wie ja fast immer.
Bilbo lief bedächtig zurück und zerrte das Tier den Hang runter, wir kamen wohlbehalten und erledigt zurück auf die Farm, wo ein gedeckter Tisch, aufgedrehte Kinder und ein schmackhaftes Asado mit leckerer Limonade und sehr gutem Rotwein in rustikalem Rahmen auf uns warteten.
Der Fahrer hatte die ganze Zeit gewartet und setzte uns nacheinander wieder in Mendoza ab, da war es dann gegen 22:00.
Insgesamt ein tolles Erlebnis mit einem schönen Schuss Adrenalin beim „Abstieg“.
Durch die Kinder war es an vielen Stellen sehr langsam und dadurch auch mal etwas langweiliger. Nichtsdestotrotz, es war sehr schön und ich kann es nur empfehlen. Kosten komplett 103€.
Mittwoch, 15.10.
Der Tag der Weintour. Der Vormittag ging leider durch den nicht funktionierenden Boiler in der Wohnung drauf, so kam ich nicht zur Markthalle, die am anderen Ende der Stadt ist. Aber ich besorgte mir noch frische Salatzutaten und 1,5Kg Orangen für 0,85€, die im Kühlschrank lagern und für die morgige Fahrt gepresst werden 😋
Ich habe durch das ungesunde Zeug, das viele Gebäck und das viele tote Brot aus Weißmehl unangenehm zugenommen, da muss ich jetzt mal wieder gegensteuern.
Ich finde Kuchen zum Frühstück nach wie vor eine bescheuerte Idee.
Wie gestern hatte ich die Abholung vereinbart, zu 14:00 Uhr, das klappte wieder wunderbar mit Benachrichtigung über WhatsApp kurz vorher.
In Argentinien wird alles über WhatsApp geregelt, Buchungen bestätigt und Kommunikation dazu, mit fast allen bislang.
Wir waren eine Gruppe von 18 Leuten in einem nagelneuen Kleinbus, sehr übersichtlich. An den Stopps gab es dann immer eine englische und spanische Führung.
Zuerst besuchten wir die Bodega Cecchi, altmodisches Flair, sehr schön. Ein kurzer Rundgang, der zweite Betrieb im Land, der Bio-zertifiziert wurde.
Wir bekamen fünf Weine zum Probieren.
Ich trank immer einen Schluck, schüttete den Rest weg und spülte mit Wasser nach.
Die meisten tranken alles. Es wurde nicht unbedingt geizig ausgeschenkt. Ich hätte nach der zweiten Station raus getragen werden müssen, aber bemerkenswert viele Menschen sind erstaunlich trinkfest.
Von dort ging es weiter zum Weingut Vistandes, das cleane, moderne Kontrastprogramm.
Wir verkosteten vier Weine.
Es gibt in Argentinien eine einzige heimische Traube, die Torrontés, aus der, zumeist als Spätlese, Weißwein und Spumante produziert wird. Mir zu süß.
Auch wenn die Frau am unterkühltesten war hier, haben wir viel erfahren.
Die erste Fermentation in Stahltanks von Weisswein und Rosé dauert 7-10 Tage, die von Rotwein 20.
Die zweite Fermentation von Rotwein findet in Betontanks statt, sie dauert maximal vier Monate. Dann kommt der Wein (ggf.) in Barriquefässer aus französischer oder amerikanischer Eiche. Bis zu 20 Jahre bleibt er darin. Wenn es weniger als ein Jahr ist, heißt er „Reserva“, ist er länger darin, „Gran Reserva“. Aus dem Fass dann wird er in Flaschen abgefüllt.
Von dort fuhren wir zur Olivenölfabrik Centenario (mittlerweile aber, seit der Namensgebung, sind es 150 Jahre alte Bäume).
Wir probierten uns durch fünf Öle, Oliven und kleine Brotstückchen mit verschiedenen Aufstrichen aus Oliven, Tomaten oder Auberginen.
8kg Oliven ergeben 1l Öl.
Mir schmeckte das grüne Gold aus der gelb etikettierten Flasche am besten, aus der Farga Olive. Das gab es im Verkauf noch unfiltriert, was ich am liebsten mag und somit reisen zwei kleine Flaschen mit mir weiter und nach Berlin.
Ich fand es eher teuer (cash bekam ich 10% Rabatt), aber vergleichbar mit den Preisen bei uns für sehr gutes Öl.
Und ich kenne die Bäume ja nun persönlich😎
Unser letzter Stopp war eine Mischung aus Bodega und Weinmuseum, nett.
Drei Weine wurden uns hier kredenzt, auch ein süßer Malbec als Spätlese, das ist einfach nicht mein Fall, aber als winziger Schluck durchaus interessant und auch ganz lecker.
Das Preis Leistungs-Verhältnis dieser ganzen Unternehmung fand ich erstaunlich gut. Ich habe 31€ bezahlt für die 5,5h.
Das waren erlebnisreiche zweieinhalb Tage in Mendoza.
Mein Wunschzettel für Argentinien ist nun abgehakt. Ich muss noch die gut tausend Kilometer nach Buenos Aires zurück fahren, dafür habe ich (das war mein Puffer) noch sechs Tage Zeit, die ich verdaddeln kann.
Morgen geht es weiter nach Villa Mercedes, nun wieder nach Osten. Von der RN40 verabschiede ich mich hier, nun geht es weiter auf der 7.
In Buenos Aires beginnt dann der zweite Teil der Reise, nachdem ich das Auto abgegeben habe 🤩
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