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🇦🇷 🇨🇱Puerto Madryn-Punta Delgada, 24.-26.9.25

  • Autorenbild: Charlotte Tina
    Charlotte Tina
  • 27. Sept.
  • 8 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 29. Sept.

Mittwoch, 24.9.

Als ich nach einem langweiligen Tag am Steuer in Comodoro Rivadavia ankam, war ich schnell gezwungen, mein vermeintlich offenes Weltbild und meine Bewertungen auf Grundlage unseres so privilegierten Lebens wieder mal etwas zu überdenken.


Die Gegend, in der meine mit 9,3 bei booking bewertete Unterkunft lag, machte mir zunächst etwas Angst, ich fand es gruselig.

Dann riss ich mich zusammen und versuchte, objektiv in die Betrachtung zu gehen.


Es gibt hier im weiten Umfeld ausschließlich sandige Schotterstraßen.

Das ist normal.


Die Häuser sind meist unverputzt.

Auch üblich.


Es gibt selten so etwas wie einen Stadtkern.

Auch normal.


Die Straßen sehen verlassen aus.

Normal.


Also kein Anlass, albern zu werden, es ist einfach so, nur anders.


Der Vermieter sagte mir, dies sei eine sichere Wohngegend.


Ich denke, das Weltbild ist wie Stretchmaterial. Man muss es immer wieder durch Reisen dehnen, damit es nicht zu eng sitzt.


Ein neuer Kalenderspruch!

Hm, vielleicht liegt da ja eine berufliche Zukunft?


Das Appartement ist super, wie bislang eigentlich alle Unterkünfte tipptopp sauber, hier eine kleine Maisonette.

Ich war früh dran und fuhr deshalb zum schönen Leuchtturm. Von dort hat man einen tollen Blick, aber, Patagonien ist wirklich sehr windig, dort oben pustet es ordentlich.

Hier ein paar Eindrücke vom Weg, chronologisch rückwärts heute:

Wie in Marokko ist mir sehr viel Plastikmüll aufgefallen. In der Wüste (oder ist das Steppe?🤔) hingen alle paar Meter Plastiktüten in den kurzen Büschen. Die ganze Landschaft, über hunderte von Kilometern, verschandelt davon.


Ein Thema, dass ich noch gar nicht ansprach, sind Toiletten. Die sind immer, egal wo, sauber. Vielleicht alt und abgerockt, aber sauber, sehr angenehm und ungewöhnlich. In Unterkünften, Restaurants, an Tankstellen, in Supermärkten, egal, sauber.


Es gab leider keinen schönen Ort, um meinen Salat zu futtern, also schnipselte ich gemütlich (ich habe mein Reise-Küchenmesser mit und bin fast jeden Tag froh darüber), sah mir die Gegend noch etwas an und aß einen Teil.

Mein Vermieter kam, um zu kassieren, eigentlich sehr nett, seine Eltern kamen in den 50ern aus dem Friaul, war eine interessante Unterhaltung.


Und dann wollte er einen zu hohen Betrag, ich ließ mir die Aufschlüsselung zeigen-er schlägt standardmäßig die von ihm zu zahlende Kommission an booking oben drauf. Ha ha.

Wir einigten uns auf eine Stornierung der Buchung und Zahlung zum angegebenen Preis von für mich 38€. Er wollte 54€ haben.


Ich fuhr doch noch zum Strand, es war dort natürlich noch windiger, aber ganz schön.

Hatte ich schon erwähnt, dass die Ruta Nacional, die ich hauptsächlich fahre, der südlichste Teil der Panamericana ist und hinter Ushuaia endet?

Hier mal ein Haufen Kleinkram:

Einfach nett

Mega statt Magnum, Pistazie schmeckt gar nicht nach Pistazie

Hier werden Brot und Tortillas verkauft

Immer wieder tauchen die Islas Malvinas auf

Einmal-Kaffeefilter, sind auf fast jeder Reise dabei, die liebe ich

26 Sorten Alfajores in einem ganz kleinen Supermarkt. Es ist sicher nicht übertrieben zu sagen, dass das die beliebteste Süßigkeit hier ist.


Abends begann die nervige Kommunikation mit dem Vermieter für die nächste Übernachtung in Puerto San Julian. Laut booking ebenfalls US$45, also 38€. Er wollte US$54. Gleiche Begründung.


Und natürlich bar. Und natürlich zu einem für ihn super Kurs.

Das ist wirklich anstrengend.


Theoretisch sind Touristen, die mit ausländischer Karte bezahlen und einen Pass vorweisen können, von den 21% Steuern befreit.

Praktisch ist mir das noch nicht ein Mal gelungen.

Sie wären zu klein, da würde es nicht gelten, die Steuer sei eh schon rausgerechnet, davon hätten sie noch nie gehört, nein, das ginge nicht…

Das ist, wie es ist.


Es eskalierte am nächsten Tag mit dem Mann, der mir sagte, entweder ich würde zahlen oder käme nicht rein, ich stornierte.


Die Autovermietung hatte ich mal wieder angeschrieben, weil die mich nach Strich und Faden verarschen.


Ich hatte mich nun dazu entschlossen, den Wagen in Rio Gallagos stehen zu lassen, einen anderen Wagen zu mieten, vier Tage nach Tierra del Fuego zu fahren, zurück und wieder umsteigen.


Ich suchte den Laden mit den besten Bewertungen, das war Avis. Und die waren dermaßen nett, mannomann.


Sie würden mir einen Toyota Yaris Automatik mit Sommerreifen geben (exakt das Modell, mit dem ich unterwegs bin), die Regelung mit den Spikereifen würde nur im Winter gelten, das sei vorbei, aktuell könne man völlig problemlos dort fahren.


Das genaue Gegenteil all dessen, was Europcar behauptet.


Alles, was man benötigt, ist eine Genehmigung für die Einreise.


Also Europcar geschrieben. Sie: das ginge nicht, es gäbe keine solche Genehmigung.

Ich: dann besorgt sie, und zwar bis morgen Abend.

Pause. Pause.

Dann am Donnerstag: sie würden sie mir zuschicken.


Donnerstag, 25.9.

Tag des toten Guanakos.

Ich fuhr recht früh los und brauchte lange, um aus der unattraktiven, vollen Stadt zu kommen.

Aber dann! Es wurde so schön!

Die RN3 führte über eine lange, wunderschöne Strecke am Atlantik entlang.

Die Weite ist unglaublich, es wirkt alles so riesig. Der Himmel wird immer heller, je weiter ich nach Süden komme.

Es ist weit, windig und gewaltig und einsam.


Ich war bislang in Polizeikontrollen immer durchgewunken worden, davon gibt es hier viele. Täglich sehe ich mindestens zwei.

Ich wurde von der Polizei und dann von der Gendarmerie angehalten.


Das war sehr nett, die waren eigentlich nur neugierig und wollten schwätzen und freuten sich, dass ich ihr Englisch lobte.

Dann führte die RN3 wieder ins Land und durch Wüste. Hier waren immer wieder größere Herden Guanakos zu sehen.


Links und rechts der Straße waren Zäune aus Stacheldraht, vielleicht 1,50m hoch.

Zunächst fragte ich mich, was ich da sehen würde im Zaun.

Dann wurde mir klar, dass es beim versuchten Sprung hängen gebliebene Guanakos in unterschiedlichen Mumifizierungszuständen waren.

Sie müssen qualvoll verendet sein und trockneten dann aus.

Eines war sicher noch nicht lange tot, ein anderes sah aus wie ein Bündel aus Fell und Knochen.

Ich versuchte, nicht mehr den Zaun anzuschauen, aber, Faszination des Grauens, der Blick wandert unweigerlich dort hin.


Nach 440Km kam ich schließlich in Puerto San Julian an. Meine neue Unterkunft, die Hosteria del Ketty, ist wieder völlig okay, sehr einfach, sauber, sehr nette Betreiberin.


Hier sind ein paar einfache Eindrücke (6.100 Einwohner):

Das besondere an dem Ort ist, dass Hernando Magellan1520 hier zufällig erstmals in Südamerika anlandete auf der Suche nach neuen Welten (und vor allem der später nach ihm benannten Magellanstraße) und nicht nur den Winter in der Region verbrachte, sondern auch die wohl recht hoch gewachsenen Einwohner mit einem despektierlichen Wort beschrieb, dass erstaunlicherweise einer riesigen Region den Namen gab

.

Patagonien. Patagonier bedeutet Großfüße.

Also ehrlich, was soll denn dann bitte die Lachnummer in den Schuhläden?!


Nun, ich lief eine große Runde am Wasser entlang, ein Teil der Kleinstadt erinnert etwas an Norwegen, der andere ist dann wieder typischer Argentinien.


Der Essensrhythmus des Landes passt so gar nicht zu meinem.


Hier wird sehr süss gefrühstückt, Mittag zwischen 12:00 und 14:00, Siesta, Abendessen frühestens um 20:00.

Ich frühstücke gern einen herzhaften Happen am Vormittag und esse gegen 15:00/16:00 eine Mahlzeit.

Passt so gar nicht.


Das hat zur Folge, dass ich auch bei der Suche nach Essen immer wieder ausgelacht werde oder völlig ungläubig angeguckt oder es wird direkt gefragt oder gemurmelt „um diese Zeit essen???“.

Ja.


Ich suchte und fand dann einen kleinen Gemischtwarenladen, in dem es mittags ein kleines Buffet gab mit hausgemachten Gerichten, da gab es noch Reste, ich wählte einfach die kleinste Portion, von der ich 1/3 schaffte.

Die essen hier viel. Warum kann ich keinen Kinder-(oder Menopausen-)Teller bestellen? 🤣

Rindfleisch mit einer Art Tortellini, ein Dessert aus einer Creme aus Dulce de Leche und Biskuit.


Und dann geschah das Unfassbare… Meine aus einer extremen Verärgerung geborene unerbittliche Hartnäckigkeit hatte dazu geführt, dass Europcar in El Calafate eingeschaltet wurde, anscheinend der Chef, der mir über WhatsApp schrieb, und ich bekam zu 19:40 die Unterlagen, die ich 4x ausdrucken musste.


Und der nächste Copy Shop in diesem kleinen Ort war 2min entfernt, besetzt mit einer reizenden, hilfsbereiten Frau.

Und um 20:10 hatte ich die vollständigen, notwendigen Unterlagen für die Einreise nach Chile mit meinem Mietwagen. Halleluja!


Also doch Feuerland 🤩😍


Ich schaute nach der Fähre über die Magellanstraße (passt thematisch ja gerade hervorragend) und überlegte, dass es eigentlich sinnvoll wäre, morgen richtig viel zu fahren (450Km), dafür aber schon in Chile angekommen zu sein (die Grenzformalitäten sollen langwierig sein) und nur noch einen kurzen Weg zur Fähre zu haben.


Ich fragte bei einer Hosteria in der Mitte der Region an, wie das Wetter vor Ort ist und wie sie das für die nächsten Tage einschätzen würden. Sehr nette Antwort und gutes Wetter, kein Problem mit meinem Auto.

Na bitte.


Ich habe gestern gesehen, wie ein Hund eine Katze totgebissen hat. Das war schon entsetzlich. Aber noch schlimmer war, dass er sie im Maul mitten auf die Straße getragen hat, nach Autos geschaut hat, sich etwas abseits hingesetzt hat und tatsächlich darauf wartete, dass ihr Leichnam noch überfahren wird. Ganz furchtbar, das geht mir nicht aus dem Kopf.


Freitag, 26.9.

Eigentlich bin ich richtig durchgebrettert. Nun, da ich mein Ziel doch erreiche, wollte ich auch schnell hin.


Die Fahrt machte Spaß, die Landschaft war sehr abwechslungsreich. Die letzten zwei Tage waren typische Roadtrip-Tage, wo alle paar Kilometer etwas schönes Neues auftaucht und der Weg das Ziel ist.

Hört mal:

Ich wurde in zwei Kontrollen angehalten, der eine blätterte nur neugierig durch die Stempel in meinem Pass, der andere war auch neugierig und wollte schwätzen.


Enorm viele Guanakos waren heute zu sehen , viele auf der Straße, auch einige tote.

Auf beiden Seiten der Straße ist über tausende Kilometer ein Zaun gezogen, etwa 20m von der Fahrbahn entfernt. Anscheinend aber ist das Gras auf der anderen Seite des Zauns auch für Guanakos immer grüner…

Ich passierte Rio Gallegos am Rand, aß an der Tanke einen bemerkenswert guten Hamburguesa mit Ei und Käse,

dann kam ich zur Grenze und das ist eine echt schräge Nummer.


Erst fuhr ich zu weit, weil an dem unscheinbaren argentinischen Grenzgebäude eine Ausschilderung nur auf einer Seite ist.

Drinnen sind ganz viele Schalter, die nummeriert sind.

Zunächst stellt man sich, logisch, bei der 1 an, dort wird der Pass geprüft. Man bekommt einen Datumsstempel auf einen kleinen, zurecht geschnittenen Streifen Papier.

Bei der nächsten Station werden die Fahrzeugpapiere überprüft.


Dann fährt man einen Kilometer weiter, geht in das Gebäude in Chile, dort sind es drei Stationen (an jeder bekommt man einen weiteren Stempel auf seinen Papierstreifen) und man muss an der letzten per Scan eines QR-Codes, der nicht für einen erreichbar ist weil er hinter dem Tresen, hinter der Scheibe, unterhalb der Tresenoberfläche an die Wand geklebt ist (🙈) mehrere Infos erneut angeben-in ein sich öffnendes, vierseitiges Formular.


Auch, ob man Früchte einführen will.

Ja, also ich hab da eine Zitrone, eine halbe Zwiebel, Knoblauch und eine Tomate 🥺

Der Versuch, diese kleinen Terroristen vom Feld einzuführen, ist strafbar.


Das Auto wird im nächsten Schritt von zwei (in meinem Fall ausgesprochen netten) Grenzbeamten kontrolliert und gefährliche Subjekte ausnahmslos in externe Sicherheitsverwahrung verbracht, der Papierstreifen mit den vier Stempeln wird einbehalten.


Dann war ich in Chile, yeeeha!

Ich fuhr an meiner Unterkunft vorbei und 50Km extra, weil ich unbedingt die Magellanstraße sehen wollte und mich gleich im Fährbüro erkundigte.

Die erste Fähre geht um 8:30, man zahlt an Bord.


Meine Unterkunft ist ein bisschen gruselig, aber dafür mit 22€ bisher die günstigste. Und sauber. Das ist so ein Container oder Trailer, wie immer man das nennt. Drei Schlafzimmer, war halt noch frei und ist die einzige Unterkunft zwischen Grenze und Fähre.


Aber passt schon, umso mehr freue ich mich auf die nächsten beiden Unterkünfte, die ich dann gleich gebucht habe, nachdem ich mir überlegt hatte, was ich hier gern machen möchte.

Ich war neugierig auf chilenische Küche, in der Unterkunft wurde Hausfrauenkost angeboten, da hatte ich kein so großes Glück mit der Hausfrau..


Und ich hatte vorab viermal über Translate gesagt, ich habe wenig Hunger, ich esse nicht viel, bitte kleine Portionen, bitte keine Pommes:

Noch ein paar Eindrücke von dem Ort, dem es nicht schlecht zu gehen scheint. Neuer Busbahnhof, viele neue Bänke und gepflegte Wege, gute Straßen, Fahrradwege, Sportplatz.

Irritierend fand ich kurz den enorm großen Knochen. Hat vermutlich ein Hund angeschleppt.

Morgen früh geht es weiter mit der Fähre nach Feuerland.


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