🇦🇷 Iguazú-Buenos Aires-Tandil-Lago Epecuén, 15.-17. September 2025
- Charlotte Tina
- 17. Sept.
- 8 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 18. Sept.
Montag, 15. September
Erbarmungslos klingelte der Wecker um 3:35, Flybondi hatte meinen ursprünglich entspannt geplanten Abflug auf 6:45 vorverlegt.
Mit dem Shuttle zum Flughafen, blödsinnig so früh dort sein zu müssen. Wozu wurde der online Check-in eingeführt?
Es gab im Flieger die übliche Ansage auf Spanisch, dann die Frage, ob jemand Englischsprachiges an Bord ist, der möge bitte die Hand heben. Da war ich im voll besetzten Flugzeug geoutet als einzige.
Habe ich auch noch nicht erlebt. Es wurden also ellenlange Durchsagen auf Spanisch gemacht und danach manchmal kurze, unverständliche auf Englisch.
Die Mietwagenfirma war ein Subsubsubunternehmen von Europcar. Hätte ich nicht genommen, hätte ich das gewusst. Keine andere Sprache als Spanisch. Er konnte ein paar Brocken, wesentlich zu wenig, um Inhalte zu transportieren. Google Translate brachte ich in die Unterhaltung ein, nicht der Dienstleister 🤦♀️Sie beharrten darauf, dass ich unterversichert sei (ich nehme nach weniger guten Erfahrungen insbesondere mit Europcar und Aurum immer alles, was geht).
So ging es weiter.
Ich war zu früh und sollte zwei Stunden später wiederkommen.
Also nahm ich mir ein Taxi, nach einigen Missverständnissen bekam ich meinen Trolley, zurück zur Autovermietung.
Ich tauschte noch mal Geld, weil ich mir das in ländlichen Gegenden schwieriger vorstelle, der Kurs des blauen Dollars heute: 1€=1.763ARS. Schön für mich.
Ich verstehe immer nicht, wenn ein Dienstleister, der zumindest theoretisch eine Kernkompetenz hat (in diesem Fall, ein Auto zu vermieten), diese eine theoretische Kompetenz nicht drauf hat. Aber vielleicht bin ich mit diesem Anspruch ja zu deutsch.
Auf der Fahrt nach Tandil bekam ich die Nachricht, dass das Auto nicht für Chile versichert sei und nicht den Vorschriften für Feuerland entsprechen würde (bis Oktober dürfe man nur mit Reifen mit Spikes fahren und ansonsten müsse man auch Schneeketten mitführen) und ich damit also nicht nach Ushuaia fahren könnte.
Ich hatte es bei der Buchung angegeben. Um sicher zu gehen hatte ich es mir extra noch per Mail bestätigen lassen. Ich hatte bestimmt 4x vor Ort bei diesem Trottel nachgefragt, der tierisch genervt davon war.
Ich schrieb zurück, das sei ihr Problem, das sie lösen sollten.
Ich sollte zurück kommen oder 2.000Km entfernt in Bariloche oder südlicher, in El Calafate, den Wagen tauschen. Wtf?!
Nach knapp 400Km kam ich an.
In Tandil hatte ich zwei Nächte zur Erholung auf einer Estancia reserviert.
Das Zimmer ist hübsch, die Farm riesig und schön, viele Vögel zwitschern, Pferde grasen friedlich, das Gras ist sattgrün, im Kamin knisterte den ganzen Tag ein Feuerchen, es gibt mehrere Sitzlandschaften, haufenweise nette Hunde liefen gut gelaunt durch die Gegend, die reinste Idylle.
Das Zimmer war mit Halbpension, Abendessen gab es ab 20:00.
Ich war fix und fertig von diesem Tag.
Ich hab geschmult, so sieht ein Doppelzimmer aus:
Ein Glas Sauvignon Blanc, der okay war, begleitete das kleine Menü.
Vorweg kam ein Brotkorb, der mir schon gereicht hätte. Alle drei Sorten waren frisch, warm, selbst gebacken und köstlich.
Der erste Gang, die Pilzsuppe, war aromatisch und wärmend.
Es folgten frische Spinatnudeln mit frischem Pesto aus Rauke und Walnüssen. Ich bin weder eine Freundin von Pasta noch von Pesto, aber das war unglaublich. Sie brachte mir zur Ansicht einige Walnüsse von ihren eigenen Bäumen und die schmeckten ganz anders als die, die ich bislang gegessen habe. Das erklärte das besondere Aroma.
Eine Zitronencreme, wie ein selbst gemachtes Lemon Curd, bedeckt mit einer karamellisierten Zuckerschicht, rundete das Essen trefflich ab.
Außer mir war nur noch ein argentinisches Ehepaar da. Er Erdölingenieur, beide haben jahrzehntelang auf der ganzen Welt gelebt. Es war interessant Ihnen zuzuhören und ihre Sicht auf Deutschland zu erfahren.
Ich musste aber früh ins Bett fallen, der Tag war einfach zu lang und anstrengend.
Die Autovermietung hatte wieder geschrieben, das ist eine beschissene Situation und versetzt mich zurück nach Neuseeland, wo das mit Europcar auch so ein Albtraum war, dass sie mir zwei Wochen verdorben haben von diesen wunderschönen Inseln.
Ich weiß nicht, was ich machen soll, im Grunde habe ich keine Wahl, als Feuerland auszulassen.
Ich schaffe es einfach nicht, nach Bariloche oder El Calfate zu fahren um das Auto zu tauschen, hin und her, dieses Land ist so riesig, das wären hunderte bzw. tausende von Kilometern Umweg.
Ich werde eh schon sehr viel fahren, aber ich möchte nicht nur durchs Land hetzen mit dem Auto.
Ich habe wirklich gut geplant, ein Beispiel dafür, wie ein unfähiger, desinteressierter Vollidiot einem viel ruinieren kann und das Ärgerlichste ist, dass ich nichts tun kann, nicht entschädigt werde, einfach frustrierend.
Dienstag, 16. September
Eine schlechte Nacht, das Autothema quälte mich.
Ich stand um 6:30 auf und genoss bei einem Spaziergang den Sonnenaufgang.
Eine Stunde später lag alles in dichtem Nebel. Weitere vier Stunden später strahlte die Sonne und es war völlig klar.
Es ist herrlich hier. Die Betreiber sind herzlich und der Service ist beeindruckend gut.
Hier wird so viel wie möglich selbst gemacht, zum Frühstück beispielsweise die Erdbeer- und die Pflaumenmarmelade, die Croissants, es gab Büffeljoghurt (habe ich noch nie gegessen-ist leicht säuerlich, sehr speziell), frisch gepressten Saft, alles liebevoll angerichtet. Der Betreiber singt und summt und strahlt die ganze Zeit, eine Freude.
Alles hier atmet puren Frieden und Gelassenheit, erstaunlich.
Auch die Seife ist selbstgemacht und duftet intensiv zitronig, das Shampoo und die Spülung anscheinend ebenfalls.
Es gibt mehrere Gemüsegärten, viele Obstbäume und wie schon erwähnt auch Nüsse.
Vor dem Feuer studierte ich lange die Karte.
Und war frustriert.
Also fragte ich, wann ich einen Ausritt machen könnte, wurde angestrahlt und gefragt, ob in einer halben Stunde in Ordnung sei. Ja! 😁
Martín sprach nur Spanisch, aber irgendwie haben wir trotzdem einen Haufen Informationen ausgetauscht. Seine drei Hunde begleiteten uns, darunter ein drei Monate junger Malinois, den hätte ich mitnehmen wollen. Der stolperte in seiner welpenhaften Tolpatschigkeit immer wieder über Äste oder seine eigenen Beine und sah sich dann um, als wollte er sich vergewissern ob das jemand gesehen hat. Wir haben sehr gelacht.
Hier gibt es riesengroße wunderschöne Bäume mit sich vertikal in Streifen schälender Rinde. Keine Ahnung, wie die heißen, sehen aber toll aus. Zitronen und Orangen wachsen hier ebenfalls.
Martín korrigierte erst mal alles an meiner Sitzhaltung und wie ich die Zügel hielt. Die argentinische Art/die der Gauchos zu reiten ist mit viel tieferen Steigbügeln, die Zügel in einer Hand zusammengefasst, Richtungsangabe nur über einhändiges Ziehen in die eine oder andere Richtung.
Auch der Sattel ist anders, wesentlich härter und anders geformt.
Wir sind durch einen sehr lichten Wald geritten, an einem Ort für die Jungfrau Maria vorbeigekommen, haben eine Herde Rinder mit Kälbern aufgeschreckt und sind insgesamt einem Teil der Grundstücksbegrenzung gefolgt.
Die allermeisten Menschen hier erlebe ich als sehr warmherzig und überaus freundlich, sehr offen, auf der Straße wird man auch in größeren Orten freundlich gegrüßt.
Einige wenige, leider aber fast jeden Tag jemand bislang, sind aber offenbar ziemlich rassistisch, unangenehm, bescheissen einen auch gerne sehr schnell, ich habe noch nicht rausfinden können, was das Vorurteil ist.
Wenn ich versuche das in einem Gespräch zu erfragen, scheint das außerordentlich schlimm zu sein und wird komplett ignoriert. Hm 🤔
Den Rest des Tages las ich vor dem Feuer (Echtzeitalter von Tonio Schachinger, gefällt mir gut), ging noch etwas spazieren auf der Farm, plante meine nächsten drei Tage ganz grob bzw. suchte mir verschiedene Optionen raus.
Bei solchen Reisen kann man irgendwann nicht mehr danach planen, wo man hin möchte, sondern man muss sich nach den Möglichkeiten richten: gibt es dort eine Unterkunft oder ist die nächste 200Km weiter so dass die Etappe ganz anders aussehen muss? So werden, bei angepeilten 300Km pro Etappe, manche 500Km lang, andere wieder 150-200Km.
Manche Straßen kann man nur in eine Richtung befahren und wieder zurück, was viele zusätzliche Kilometer bedeuten kann.
Und ich komme in einigen Tagen in Regionen, wo das so ist.
Zum Abendessen gab es zunächst sehr lange Grissini, eine Suppe aus Möhre und Orangen vom eigenen Land, dann ein (kaltes 🥴) Egg Benedict, als Hauptgang Schweineschnitzel mit einer seltsamen Salsa, gebackenen Süßkartoffeln und einem leckeren heißen Chutney aus roten Zwiebeln und Rotwein.
Falls sich jemand fragt, ob ich das alles gegessen habe-nein!!!
Am Vorabend auch nicht. Das war Pasta für drei Leute und schwamm in Olivenöl. Viel zu viel.
Zum Nachtisch kam eine Kugel Sahneeis mit einem Kompott aus in Sirup eingekochten Kumquats (wobei sie nicht wie solche aussahen, aber durchaus so schmeckten) aus dem Garten.
Das war nur bedingt meins, aber alles gut umgesetzt.
Mittwoch, 17. September
Um 8:00 gab es ein liebevoll arrangiertes Frühstück und dann los. Bis Carhué/zum Lago Epecuén waren es gute 400Km.
Ich fuhr fast durch und brauchte etwas über fünf Stunden.
Ich nutze Waze, das sich hier deutlich besser macht als Google Maps.
Der Zustand der Straßen ist bislang völlig okay. Die Argentinier finden sie schlecht, die Reiseführer und eigentlich alle. Stimmt aber nicht. Die paar Schlaglöcher, das haben wir auch auf einigen Straßen.
Ich habe übrigens einen Toyota Yaris mit 23.000Km. Gebucht habe ich etwas kleineres, fahre ich lieber. Aber er ist fast okay. Wenn er nach Chile dürfte.
Die erste Tankstelle nach Tandil sah ich erst nach 250Km und über 350Km hatte mein Smartphone absolut keinen Empfang.
Die Landschaft war flach, eigentlich nur weite Grassteppe. Langweilig. Erinnerte mich an meine tagelange Fahrt durch Saskatchewan. Allerdings gibt es hier erwartungsgemäß sehr viele, gut verteilte Rinderherden und auch viele Pferde.
Ich habe noch nie so viele Tiere die Straße queren wollen gesehen.
Viele haben es leider nicht geschafft.
Hunde, Kojoten, etwas, das aussah wie ein Biber, viele Vögel.
Ich sah einen Raubvogel mit einer Maus im Schnabel fliegen.
Ich sah einen toten Tapir am Wegesrand. Der war fast so groß wie ich, ein erschreckendes Bild.
Es gibt sehr viele Störche, Adler und auch wilde grüne Papageien.
Kleine Vögel, die wie weibliche Enten aussehen und offenbar nicht fliegen können.
Die armen kleinen Dinger eilen langsam trippelnd über den Asphalt und sind sehr schlecht zu sehen.
Es gab noch viel mehr Tiere, die kenne ich aber nicht und habe sie noch nicht gefunden über Google.
Eins hatte puscheliges Fell und sah aus wie eine Kreuzung aus Igel und Stinktier.
Die Geschichte von Villa Epecuén ist tragisch und zu lang, um hier erzählt zu werden; ich verweise erneut auf den kurzweiligen Artikel in der Wikipedia.
Jedenfalls wurde die Stadt im November 1985 binnen kürzester Zeit geflutet und lag dann 25 Jahre lang unter bis zu acht Meter tiefem Wasser, bis der Klimawandel die Region (das ist noch Buenos Aires) austrocknete und den Ort wieder freigab.
Bemerkenswert ist, daß der See nach dem Toten Meer den höchsten Salzgehalt weltweit aufwies.
Eintritt 4,62€, das ganze ist bizarr und bedrückend. Es erinnerte mich stark an Fotos von Hiroshima nach dem Einsatz der Atombombe und mit diesen Bildern vor Augen ging ich dort hindurch.
Hier ein paar Eindrücke (die ersten beiden Bilder sind vorher/nachher):
Wesentlich schneller als geplant war ich durch, deshalb fuhr ich zu meinem Appartement in Carhué.
41€ für ein sehr großes KüchenWohnEsszimmer, ein Bad und ein Schlafzimmer. Parkplatz, Balkon, Downtown. Was will man mehr?!
Etwas genervt bin ich davon, dass hier oft die nationale Währung nicht akzeptiert wird, sie wollen US-Dollar. Ich habe drei Währungen dabei, aber so werde ich nicht sehr weit kommen mit meinem Geld.
Da Siestazeit war, hatte ich noch Muße bis zur Öffnung des Supermarktes und schlenderte durch den Ort.
Die Fassade täuscht durchaus schnell. Hinter den für mich zunächst etwas vernachlässigt und ausgestorben aussehenden Fronten steckten eine hochmoderne Autowerkstatt, blitzblank zudem, eine Vielzahl interessanter kleiner Geschäfte, die zur Mittagspause die Gardinen zuziehen, gepflegte Höfe.
Im Supermarkt dann erstand ich die Grundausstattung für die nächsten Wochen, also Salz, braunen Zucker, eine Schüssel, ein Müsli. Zudem, mir war die regionale Salami wärmstens empfohlen worden, eine kleine davon also, Salat, Tomate, Knoblauch, Zwiebel, Zitrone fürs Abendessen, eine Dose Thunfisch, Milch (die schmeckt hier super! Die fetteste Version hat 3%), Wein, Kaffee und Brot.
Die kleinste verfügbare Menge Brot waren zwei Baguettes.
Alles zusammen 23,59€.
Falls es jemanden interessiert, hier die Einzelpreise:
Es gibt so schöne Etiketten auf den Weinflaschen! Und es gibt gute Weine sehr günstig. Ich habe mir einen Rosé gekauft, der hervorragend ist. Mein Alkoholkonsum hier in den letzten 5 Tagen ist grösser als sonst in einem Jahr zusammengenommen.
Yahooo aus Bielefeld. Schön, so mitgenommen zu werden, danke, liebe Tina
Wohoooo, nun klappt es mit Kommentaren. HG aus Bielefeld. B
Ich liebe deine Reiseberichte. 🤟