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🇨🇱🇦🇷 Feuerland, 27.-29.9.25

  • Autorenbild: Charlotte Tina
    Charlotte Tina
  • 29. Sept.
  • 8 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 30. Sept.


Samstag, 27.9.

Um 6:30 fiel rotgoldenes Licht auf mich. Ich sprang in Jeans und T-Shirt und auf die Straße und sah, schlotternd vor Kälte, die Sonne explodieren.

Gegen 8:00 schon linste ich, in unerfüllter Hoffnung auf einen kräftigen Kaffee, an der Fähre über die Magellanstraße durch die Fenster des dortigen Restaurants.


18,33€ kostete die 20minütige Überfahrt, man zahlt nur für das Fahrzeug.

Und dann war ich auf Feuerland!

Die Landschaft sah ähnlich aus wie vorher, Wüste, aber als hätte jemand noch mehr Farbe rausgewaschen.

Bis Rio Grande war es ein Stück, dazwischen die Grenzprozedur auf beiden Seiten, die lange argentinische Straße dazwischen war das Schlimmste, was ich bisher erlebt habe.


In der chilenischen Station lebt eine Katze, die sehr offensichtlich die Chefin aller Grenzbeamten dort ist.


Obwohl Fotografieren dort streng verboten ist, wurde für mich und die Dame des Hauses eine Ausnahme gemacht.

Die hat ihr Team im Griff. Zusehen und lernen.

Ich erreichte die weniger attraktive Stadt Rio Grande erst gegen 12:30. Auf dem ganzen Weg hatte ich eine Tankstelle gesehen, in Chile, ansonsten nichts, überhaupt nichts. Ich hatte kein Frühstück und keinen vernünftigen Kaffee/Tee.


Ich war ausgehungert und etwas miesepetrig.

An der ersten Tanke erstand ich Benzin und ein Tostado, das mich nicht zufrieden machte, aber satt.

Ich suchte mir einen sehr großen Carrefour-Supermarkt, davon ausgehend, dass es noch weiter südlich auch noch teurer würde und die Auswahl magerer.


Dort kaufte ich alles ein für ein indisches Kürbisgericht für den Folgetag (Kürbis, Kartoffel, Kichererbsen, Knoblauch, Zwiebel), das am wenigsten pappige Brot mit einem Hauch Vollkornanteil, etwas Schweinelende als Aufschnitt, einen Camembert, Butter, Apfel, Birne, ein Fanta Orange light, weil dieses künstliche kräftige Orange im Ausland so toll ist. 22€.

Ähnlich wie bei uns? Vielleicht etwas günstiger.


Und dann wurde die Umgebung noch mal gänzlich anders die nächsten 120Km.

Viele Bäume, die meiner küchenpsychologischen Meinung nach wenig glücklich aussehen.

Aber was weiß ich, ich bin kein Baum.

Meine erste Unterkunft liegt sehr schön, erhöht über einem See, dem Lago Fagnano.

Das Zimmer ist extern, sehr einfach ausgestattet, aber gemütlich, mit tollstem Blick.

Abendessen gab es dort erst um 20:30, da war ich raus, es gab Obst und eine Stulle. Schauderhaft. Das Brot war gesüßt. Wie in den USA, dort war es unmöglich, ein ungesüßtes Brot zu bekommen.


Lesend, mit einem Schluck von meinem Rosé in der Sonne auf der Treppe sitzend, genoss ich den Blick.


Obwohl ich geschimpft worden bin an der Grenze von den beiden, die das Auto durchgesehen haben; der chilenische Wein sei viel besser


Sonntag, 28.9.

Im Hotelgebäude gab es Frühstück. Also ein Kuchenbuffet, aber mit etwas mehr, die beste Auswahl bislang und richtiger Kaffee und ein Tisch am Fenster mit umwerfendem Blick, knisterndes Feuer im Kamin, sehr schön und gemütlich. Das habe ich eine Weile genossen.

Als ich zum Nordkap fuhr, folgte ich über viele Kilometer einem Regenbogen, der direkt in der Nordrichtung erschien. Das war magisch.

Wie schön, dass hier etwas Ähnliches, wenngleich etwas einfacher und ohne Magie, geschah:

Es gibt übrigens drei Arten, hierher zu kommen: mit dem Schiff, dem Flugzeug oder auf dem Weg über Chile mit Auto und Fähre.


Durch Chile, weil dieser südlichste Zipfel Argentinien vollkommen abgetrennt ist durch die Grenze.


Nicht weit hinter Tolhuin begann ein schöner Pass, den ich nicht bei Schnee und oder Eis fahren möchte.


Davor lief plötzlich ein völlig kopfloses, ängstliches Jungpferd die Straße entlang, knallte ständig gegen die Leitplanke, hatte offenbar große Angst.

Ich schaltete Warnblinker ein, der nach mir fuhr etwas langsamer, überholte aber.

Das Tier sprang über die Leitplanke, knallte mit dem Bein dagegen und raste in den Wald. Ich fuhr um die Kurve und wollte anhalten, da standen ein Auto, ein Pferd, ein Mann.


Hm. Wie kam der eine Mann mit vermutlich zwei Pferden, eines davon gesattelt, das andere ohne jegliches Zaumzeug, und einem Kleinwagen dort hin?


Ich machte ihm mit Zeichensprache klar, dass um die Ecke ein Pferd sei, er nickte gelassen und ging los.

Okay 🤷‍♀️

Die Panoramen waren wunderschön.

Ich hatte mich gewundert, dass Waze für 90Km 2h15 angab.

Als ich Ushuaia erreichte war mir klar, weshalb.


Die südlichste Stadt der Welt liegt am berühmten Beagle-Kanal.

Ich fuhr direkt durch die Stadt und folgte der Panamericana, also der RN3, bis zu ihrem Ende im Nationalpark Tierra del Fuego, für den ich 18€ Eintritt bezahlte.


Ausnahmsweise wurde nur mein Herkunftsland erfragt, dann beriet mich ein Parkranger ausführlich und sehr gut, das war nett und hilfreich.

Am Bahía Lapataia ist der Endpunkt.

Weshalb eigentlich heißt es „Ende der Welt" und nicht Anfang? Ist der Beginn der Welt dann am Nordpol?🤔

Muss ein tolles Gefühl sein, wenn man den ganzen Weg von Prudhoe Bay in Alaska bis hier gereist ist und ankommt.

Würde ich auch rasend gern machen.


Die Strecke von Buenos Aires habe ich ja nun schon.


Ich bin bis zu diesem Punkt 3.852 Km gefahren (der Rückweg wird etwas länger).


Ich habe die letzten Tage mal beim Tanken Verbrauch und Preis notiert. Im Durchschnitt kostete ein Liter Super 0,75€.

Feine Sache für einen Roadtrip.


Es gibt zahlreiche gut beschilderte Wanderwege unterschiedlichster Länge und Schwierigkeit.

Ich lief einen einfachen und Teile von drei weiteren.

Dann fuhr ich zum Lago Roca, der für mich aussah wie der schöne Lake Louise im Banff Nationalpark. Dort pfiff der Wind ordentlich, der See hätte auch Meer sein können, so überzeugend brandete er ans Ufer.

Derart durchgepustet wurde ich eine Stunde später im Supermarkt belehrt, dass ich falsch gedacht hatte.

Es war nicht der größte, aber der am besten sortierte, der mir bislang über den Weg gelaufen ist und auch nicht teuer.

Süße, saftige frische 🍊 gab es und Pekannüsse in der Schale, habe ich bei uns noch nie gesehen.

Dann fuhr ich in den Wald oberhalb der Stadt, dort hatte ich für zwei Nächte Last Minute für fast 50% weniger eine traumhaft putzige Maisonette-Hütte gemietet, die Nacht à 60€.

Ich wollte dort eigentlich nie wieder weg.

Mit Lichtkuppel im Schlafgeschoss und drei Meter hohen Fenstern über beide (offene) Etagen.

Zum Abend gab es den indischen Kürbis mit Zwiebel, Kartoffel und Kichererbsen; und Orangenschnitze 😋 Hier die Anleitung in Bildern.


Flüssigkeit ist Wasser, nicht zu viel und etwas eindicken lassen (erst 7-10 Minuten je nach Größe der Gemüsestücke im geschlossenen Topf garen, dann die gleiche Zeit, vielleicht etwas länger eher heiß kochen und abdampfen).


Das braucht sehr viel Salz und die anderen Gewürze ebenfalls großzügig verwenden: Kurkuma, Garam Masala, Koriander, Chili oder Cayenne, Kumin. Reichlich Knoblauch. Zum Schluss noch mal sehr kräftig Garam Masala drüber. Das Rezept verlangt eigentlich eine Prise Zucker, passt für meinen Geschmack nicht. Die Konsistenz sollte eher etwas weicher sein, aber nicht matschig.

Einfach, lecker, schnell.

Die heizen auf Feuerland mit Gas, sehr warm und dies 365 Tage im Jahr. Nachts kühlt es empfindlich ab, das spürt man auch im Bett deutlich.

Es wird gebeten, die Heizung nicht auf kleinste Stufe zu stellen oder sie auszumachen, sondern ggf. Fenster zu öffnen um runter zu kühlen, auch länger, das wäre einfacher, um eine halbwegs konstante Wärme zu halten.

Umweltfreundlich gedacht.


Montag, 29.9.

Was für ein schönes Aufwachen. Muss ich hier wirklich weg? 🥺

Kleines Frühstück aus Müsli, dann los zu meinem Termin um 9:30 im südlichsten Nagelstudio der Welt.


Einerseits lästig, dass alle drei Wochen machen zu müssen, andererseits kann man mit diesen Nägel halt den Garten umgraben, da reisst und splittert nix, enorm praktisch und egal was man anstellt, es sieht gepflegt aus.


In Ushuaia gibt es faszinierend viele Studios, weitaus mehr als in Berlin in meiner etwas weiteren Umgebung.

Und erst beim vierten hatte ich das Glück, noch einen Termin zu bekommen.


Die Feuerländerin ist mir spontan nicht durch ihre tipptopp Gelnägel oder überhaupt besonders gepflegte Hände und oder Nägel aufgefallen. Vielleicht lassen die sich nur die Füße machen?


Hm. Ich behalte das im Auge.


Vorher/nachher:


Dann schlenderte ich durch den Ort und sah mich um.

Und brauchte einen Moment um zu kapieren, dass Feiertag war und die Geschäfte deshalb fast alle geschlossen.


Dennoch lief ich hoch und runter und zurück und mag das da sehr.

Es ist nicht sehr gemütlich, es ist sehr touristisch, die Straßen sind teilweise unglaublich steil, aber es hat einen großen, eigenen Charme, einer der seltenen Orte, der magisch ist.


Es gibt auffällig viele Nagelstudios, Friseure, Outdoorläden, Souvenirshops, Cafés, Schokoladenläden.

Dirk hatte mir das Buch Berserk von David Mercy empfohlen, einen spannenden und interessanten Reisebericht über zwei (anfangs drei) junge Männer, die in einem vollkommen ungeeigneten kleinen Segelboot ohne adäquate Ausrüstung von Ushuaia aus zu einem Abenteuer in die Antarktis aufbrechen.


Ich sah die Abfahrt nun vor mir.

In dreieinhalb Wochen bin ich wieder hier (leider nur für einen Nachmittag und eine Nacht), darauf freue ich mich schon.

Meine Schiffsreise wird etwas sicherer und komfortabler als die der beiden. Hoffe ich.


Meine Idee, hier einen neuen und günstigen Rucksack von Patagonia zu erstehen, bekam einen herben Dämpfer. Die sind genauso teuer wie bei uns.

Dies ist vermutlich der Pier, an dem in 3,5 Wochen die Sea Spirit liegen und wo ich an Bord gehen werde, um über den Beagle-Kanal in die Drake Passage und zu weiteren Abenteuern zu fahren:

Ich bin ins Museum gegangen, definitiv das mieseste in dem ich seit Jahrzehnten war. Touristen zahlen mehr, dafür sind alle Beschreibungen und Beschrifungen der verstaubten, stinklangweiligen Exponate fast ausschließlich auf Spanisch.

Ausländerfeindlichkeit begegnet mir im Süden übrigens gar nicht mehr, die Menschen, mit denen hier kommuniziere, sind im Gegenteil neugierig und zugewandt, hilfsbereit und extrem freundlich und lachen eher nett oder verlegen (weil ihnen ihr Englisch, das ja nur besser sein kann als mein Spanisch, peinlich ist) wenn ich sage, dass ich kein Spanisch kann.


Seit Jahren, ach, Jahrzehnten will ich so gerne mal Schnee- oder Königskrabbe essen.

Eine invasive Art von beachtlichen Ausmaßen, die als Delikatesse gilt und hier Centolla heißt.


Googelt die mal und da seht Ihr einen weiteren Grund, warum ich nur in Wasser gehe, in dem ich den Grund sehe 😂


Bereits zu Hause hatte ich geguckt, wo man die hier gut essen kann.


Es gibt einen sehr bekannten, sehr touristischen Laden in der Stadt und ein kleines Restaurant, 80Km außerhalb, knappe 2h Fahrt einfach.

Den Laden im Ort sah ich mir an und war entsetzt über den Preis, das fiel aus. Der andere hatte nicht auf meine Anfrage reagiert, Feiertag, wer weiß, fiel auch aus.


Also Plan B. Ich liiiiiebe grillen. Neben Pilze sammeln und picknicken und schwimmen und radeln eine der schönsten Beschäftigungen auf der Welt für mich.

Da bin ich hier genau richtig.

In jedem, wirklich jedem Laden gibt es Holzkohle, in fast all meinen Unterkünften gab es Grillstellen.


Also klapperte ich die Stadt nach offenen Läden und Zutaten ab und hatte nach einer halben Stunde einen Sack Kohle, eine Zitrone, ein frisch geschnittenes Steak (360g/~3,50€), eine (angeblich) pikante Sauce.


In meiner Hütte machte ich mir schnell eine Knoblauchbutter (den Knoblauch müsste ich sonst sowieso wieder entsorgen an der Grenze)

Das Feuer in Gang zu bringen war nicht so einfach ohne Papier, aber ich hab’s hinbekommen mit ein paar Schnipseln vom Kohlensack und kleinen Zweiglein und Rinde (qualmte natürlich erst mal kräftig).


Dann das Steak rauf und Brot von gestern mit der Butter-ein Träumchen 😋

Eins der leckersten Essen, das ich hier bislang hatte.


Das vom Fleischer und einer Kundin nach einer Diskussion auf Spanisch empfohlene Steak war hervorragend.


Meine Jacke roch wie geräuchert und hing erst mal eine Weile draußen.

Die restliche Kohle ist im Auto für die nächste Gelegenheit.


Ich hatte mir die Gegend um Ushuaia deutlich karger vorgestellt und bin entzückt, wie schön es hier ist.

Ich bin eine abenteuerliche Schotterstraße gefahren, von der ich irgendwann diesen sagenhaften Blick hatte:

Nach dem Grillen war es schon späterer Nachmittag und damit Zeit, die Rückfahrt zu planen bzw. für den nächsten Tag eine Unterkunft zu buchen.


Das Verrückte ist, dass nach Rio Grande bis hinter die Magellanstraße keine einzige Unterkunft zu finden ist.

Die in San Gregorio kommt als nächstes, das fand ich wenig attraktiv für eine weitere Übernachtung.


Ich hatte überlegt, über Chile in Richtung Norden zu fahren, wenn ich schon mal dort bin und die Grenze hinter mir habe; das scheitert vermutlich einzig und allein daran, dass ich keinen Schlafplatz finde in angemessener Entfernung. Ich kann und will nicht 700-800Km fahren an einem Tag.

Dazu kommt die Fähre und mindestens ein aufwändiger Grenzübertritt.


Morgen fahre ich zunächst ganz entspannt nach Rio Grande, vielleicht fällt mir auf dem Weg noch etwas ein 🤷‍♀️ Oder einer/m von Euch?


Der Kürbisrest von gestern wird noch verputzt nach einem kleinen Spaziergang durch den Wald…












3 Kommentare

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Birgit
30. Sept.
Mit 5 von 5 Sternen bewertet.

Du entlässt mich mit einem Lächeln und Vorfreude auf den nächsten Beitrag in den Schlaf. Dank aus dem ca 14.000 km entfernten Berlin. HG b

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Charlotte Tina
01. Okt.
Antwort an

Oh vielen Dank, was für schöne Kommentare, das freut und motiviert mich!

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Gast
29. Sept.
Mit 5 von 5 Sternen bewertet.

Hi Tina, gestern gelangt

mir kein Kommentar, aber heute: danke für die schönen Fotos und interessanten Impression, schön, mitgenommen zu werden. HG b


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