🧑🍳 Nagaya*, Düsseldorf, 26.4.2025
- Charlotte Tina
- 26. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 28. Apr.
Ich bin zu Besuch am Rhein und wir haben spontan ein Lunchmenü mit drei Gängen reserviert zum einzigen verfügbaren Termin am Samstag um 12:00.
Wohlan, so sei es denn. Immerhin ist das Nagaya (samt Ableger Yoshi) das einzige Sushi-Lokal mit einem Michelin Stern in ganz Deutschland, das macht neugierig.
Wenig verwunderlich, dass es in der Stadt am Strom zu finden ist, in Little Tokio, inmitten der größten japanischen Gemeinde der Republik.
25% aller in Deutschland lebenden Japaner sind hier zu Hause.
Am Rheinufer findet jährlich übrigens auch ein Japanfest statt, eine sehr nette Veranstaltung, die zu besuchen sich lohnt.
Aber zurück zum eigentlichen Thema.
Das Nagaya liegt in der Klosterstrasse im Stadtzentrum.
Das kleine Menü zu Mittag kostet 85€ und ist somit zum Reinschnuppern bestens geeignet, weil weniger als halb so teuer wie das Abendmenü.
Das Ambiente ist erwartungsgemäß schlicht, Weiß und Holz dominieren, angenehm.
Es ist ein eher überschaubares Restaurant.
Die kleine Küche liegt hinter einer großen Glasscheibe, wie es mittlerweile häufig zu sehen ist, die japanischen Köche grüßen beim Vorbeigehen höflich mit leichter Verbeugung.
Es war nicht möglich, dass ich das Menü mit sechs Gängen wählte und Dörthe jenes mit drei Gängen; Menüs werden nur tischweise serviert. Erstaunlich.
Wir bestellten eine Flasche stilles Wasser (Taunusquelle, 10€), das uns affektiert wie eine Weinflasche dargeboten wurde, und adrette Kännchen Genmaicha (je 10€).
Als Gruß aus der Küche kam ein in Terriyakisauce gesetztes Häuflein Kartoffel(?)pürree mit einem Klecks Daikon (Rettich), darauf zwei Scheibchen nicht besonders zarter und/oder leckerer Entenbrust.
Langweilig, nett, kann man essen, muss aber auch nicht sein.
Es folgte eine recht schöne, geschmacklich ausbalancierte Miso-Suppe mit Wakame, Tofu und Frühlingszwiebeln. Nett. Eine gute Misosuppe, die aber an sich einfach nicht viel mehr her gibt.
Ich glaube an dieser Stelle unkte Dörthe schon, dass mein Urteil „vernichtend“ ausfallen würde.
Naaa, nicht vernichtend, aber hier waren wir schon klar auf dem Weg zu einer kritischen und sehr ungläubigen Betrachtung…
Im Anschluss kam eine kleine Platte mit Sushi und Sashimi. Am besten fand ich den Thunfischbauch. Außerdem gab es ein Nigiri mit einem Stück Schneekrabbe, die zu kosten schon sehr lange auf meiner Wunschliste steht. Lecker, würde ich gerne mal warm essen und frisch.
Die Kappa Maki waren langweilig, der Reis war mir etwas zu weich. Ich fand den Fisch zwar frisch und nahezu geruchlos, aber wenig intensiv im Geschmack, teilweise auch nicht durchgehend zart und etwas zu trocken. Ich konnte auch keine besondere und leckere Würzung schmecken, wie es z.B. in Berlin im Otsuka der Fall war.
Arrangiert war alles auf einer Gurkenscheibe, an etwas Radieschen, frischer Limette, essbaren Blüten.
Der Wasabi war mir nicht aromatisch und scharf genug und auch nicht frisch gerieben.
Der Ingwer schmeckte, wie er nun mal aus einer großen Packung schmeckt.
Eine positive Überraschung war dann das Dessert. Ein eckiges Praliné, gefüllt mit Erdbeereis, darauf Marshmallow, im Innern Schokolade und Erdbeermousse, und angelehnt ein knuspriges (!) frisches Kirschblatt (wenn ich das richtig verstanden habe), für mich das beste und rätselhafteste (wie macht man das?) Element des gesamten Menüs. Angegossen wurde am Tisch eine gute, fast klare Essenz aus Erdbeeren und gesalzener Pflaume (Umeboshi).
Das war das einzige Gericht, das für mich überhaupt auch nur in Sternenähe kam. Überraschend, kreativ und lecker.
Ich musste dann, nach einigen Stunden des sacken Lassens, noch mal nachschauen, was genau ein Stern bedeutet: eine Küche voller Finesse - einen Stopp wert.
Nein. Das war, bis auf den Nachtisch (und der nur teilweise), absolut nicht raffiniert. Der Service war recht gut, aber nicht berauschend und vor allem deutlich zu unterkühlt und desinteressiert geschäftsmäßig.
Insbesondere Sushi und Sashimi habe ich besser und wesentlich günstiger nicht nur in Japan, sondern auch in Berlin genossen.
Müsste ich eine Schulnote vergeben für das Gesamterlebnis, so wäre es eine 2-.
Wenn ich mir aber vorstellte, all das in einer Blindverkostung vorgesetzt zu bekommen, ohne das Wissen um den einen Stern und ohne die versnobten Kellner um uns herum und das Getue um ein vermeintlich edles Lokal? Klare 3.
Dörthe sieht es so: „Ich gebe dem Essen eine Zwei. Es war gut, aber nicht besonders, außer der Nachtisch.“
Wofür dieser Stern vergeben wurde, das ist mir persönlich nach diesem Essen ein Rätsel.
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