đŻđ” Kumano, Tage 57&58
- Charlotte Tina
- 5. Mai 2023
- 5 Min. Lesezeit
Donnerstag, 4. Mai
Ich habe mich entschieden, noch drei NĂ€chte zu bleiben bis Sonntag. Es ist gĂŒnstig, das Essen ist gut, die Gastgeber nett und beide an GesprĂ€chen interessiert, die AtmosphĂ€re ist familiĂ€r, also lernen wir voneinander, die Gegend bietet viel Interessantes. Sehr vieles hier ist Teil des Weltkulturerbes.
Heute bin ich zum Oyunohara gefahren, einem Schrein, der ebenfalls dazu gehört. Es ist ein Tor, 34m hoch, 42m breit und es reprĂ€sentiert die Teilung der sĂ€kularen und der spirituellen Welt. Es ist das gröĂte seiner Art in Japan.
Beeindruckend. Ein riesiges Tor. Es sieht tatsÀchlich aus wie das Tor zu einer anderen Welt. Schöne Umgebung. Im World Heritage Museum hingen die Aquarelle eines Franzosen, die ich wunderschön finde.
Ich hatte den ganzen Tag entsetzlich schlimme RĂŒckenschmerzen, konnte nur gebeugt gehen, sitzen, liegen, alles war schlimm und ich kĂ€mpfte stĂ€ndig mit den TrĂ€nen. Zwei 100er Diclo halfen kaum. Was habe ich nur falsch gemacht (abgesehen vom Auto)? Ich habe den Massagesessel hier in Verdacht.
Dann fuhr ich zum Nachi Wasserfall, der mit 133m höchste frei fallende in Japan. Der Stau begann einen Kilometer davor. Ich hab ihn aus dem Auto gesehen, den Fall, Parkplatz hÀtte wahrscheinlich noch mal ne halbe Stunde gebraucht und ich hatte schon keine Lust mehr. Schade, die Pagode davor sieht auf Fotos schön aus.
Ich lese mittlerweile richtig gern die Rezensionen der Japaner zu Attraktionen auf Google Maps. Das ist stellenweise köstlich. Zum einen natĂŒrlich drĂŒcken sie sich anders aus, zum anderen gibt es viele offensichtliche FĂ€lle von "lost in translation". Und der Fokus ist ein ganz anderer als bei uns.
Das, wovon ich dachte "Iiiih, Augen mit Schwanz!" sind ĂŒbrigens Augen mit Schwanz.
Ich habe gefragt. Kleine Fische, die zum WĂŒrzen benutzt werden.
Hier nur ein kleiner Eindruck aus einem groĂen Supermarkt allein des Fast Foods wegen und ein klein bisschen vom Fisch; das war so viel, dafĂŒr reicht der Speicherplatz nicht.
Als ich zurĂŒck war, habe ich sehr nett mit meiner Gastgeberin geplaudert, bevor ich zum Fluss bin, mich fast verbrĂŒht hĂ€tte (das Wasser kommt durch die Steine nach oben und ist wirklich sehr heiĂ) und im Fluss wieder abkĂŒhlte. Da ich die einzige "WeiĂe" weit und breit bin, starren die Kinder mich meistens an wie ein Gespenst đ
Am Fluss war ich auch die einzige Person in Badekleidung. Die Erwachsenen ziehen sich nicht aus, auĂer fĂŒr den Onsen, die meisten Kinder sind von Hals bis FuĂ eingepackt. Es gab auch Erwachsene, die eine Rettungsweste trugen. Der Fluss war vielleicht 50-60cm tief. Mir scheint, viele Japaner sind recht vorsichtig mit dem Leben.
In Japan ist gerade die Zeit, den Reis zu pflanzen. Das wird auf vielen FlÀchen auch von Privatleuten gemacht.
Und schlieĂlich war es 19:00 und somit Zeit zum Abendessen....
Es gab Bonito als dick geschnittenes Sashimi mit frischer Knoblauchpaste, Salat in Reispapier gerollt, marinierte Okra und Aubergine, gebratenen Thunfisch mit fein geriebenem Rettich, einen groĂen Shiitake-Pilz, gefĂŒllt mit RĂŽtisseur-Senf, CrĂšme fraĂźche und mit KĂ€se ĂŒberbacken (schrill), und schlieĂlich etwas, das sie "eine Art Sukiyaki" nannte. Eine ziemlich sĂŒĂe (zu, fĂŒr meinen Geschmack) BrĂŒhe, wieder mit verschiedenen frischen Pilzen, Kohl und Salat, dazu frische Makrele. Das war nicht meins. Die Makrele aber habe ich rausgefischt, die war köstlich. Dazu habe ich mal ein lokales Bier probiert, war recht lecker.
FĂŒr eine Nacht kamen Australier an und ein Paar Franzosen logiert hier ebenfalls. Alle finden, dass es (zu) viel Industrie und besiedelte FlĂ€chen sind und dass diese "Goldene Woche" ziemlich viel lahm legt. Was fĂŒr ein Pech! Ich wĂ€re so gern nach Nagasaki gekommen. Das Auto war ein Fehler, andererseits könnte ich mit meinem RĂŒcken gerade keinen Bus oder Zug nutzen, ich bekĂ€me das GepĂ€ck nicht rein und raus. Also war es doch kein Fehlerđđ€Ł
Am Freitag
hatte ich erneut solche Schmerzen, dass ich nicht mehr richtig atmen konnte, erstmals strahlte der Schmerz auch in die Arme und Beine, das macht mir Angst.
Meine Gastgeber sind so unglaublich nett, sie waren rĂŒhrend besorgt.
Trotzdem wollte ich mich nicht ergeben, habe mir ein Handtuch in den unteren RĂŒcken gelegt im Auto und bin los.
Bei einem Halt an einem GetrĂ€nkeautomaten machte ich eine sehr unschöne Erfahrung. Ein Japaner hielt hinter mir, kam an mein Fenster und sagte lĂ€chelnd etwas. Ich verstand natĂŒrlich nicht, bis er das Wort fuck immer wieder verwendete und money und klar wurde, dass das alles andere als freundlich war. Ich verriegelte die TĂŒren und lieĂ das Fenster hoch und er machte noch etwas weiter. AuslĂ€nderfeindlichkeit ist mir schon mehrfach begegnet, bislang allerdings immer sehr subtil. Das war richtig heftig und unangenehm und natĂŒrlich sehr sexistisch und extrem frauenfeindlich.
Besonders bedrohlich war es, weil er deutlich zu nah kam, dabei lĂ€chelte und ich trotzdem ein ganz unangenehmes GefĂŒhl hatte, aber höflich sein wollte. Es hat eine Weile gedauert, bis ich das aus seinem Kauderwelsch raus hörte.
Meine Gastmutter wollte die Polizei verstÀndigen, aber was hilft das?
Ich fuhr zum sĂŒdlichsten Eckchen von HonshĆ« (der japanischen Hauptinsel) zu einem Leuchtturm. Etwas seltsam war das tĂŒrkische Museum auf der Insel, der tĂŒrkische Souvenirladen, das tĂŒrkische Denkmal und das CafĂ©.
Dann die KĂŒste weiter entlang. Die Felsen sind scharfkantig, dort, wo mal kein Beton ist und man ran kommt. Ich bog wieder in die Berge ab und gleich wurde es viel schöner.
Eigentlich wollte ich die Tage eine Wal-Fahrt machen und mit einem Boot in einer der wunderbaren Schluchten hier fahren. Sehr mĂŒhsam alles. Die Webseiten nur auf Japanisch. Habe ich mir ĂŒbersetzt, dann eine online Buchung gemacht. Ich bekam eine Mail, dass das BĂŒro in der Goldenen Woche geschlossen ist, dass mindestens zehn Tage im Voraus gebucht werden muss und dass alles ausgebucht ist.
Na ja, ich gebe ja nicht sooo leicht auf, wenn ich was will.
Einige Mails spĂ€ter hatte ich einen Termin fĂŒr eine Schlucht-Bootsfahrt morgen um 10:00. Geht doch.
Als ich zurĂŒck war, musste ich diesen ekelhaften Kerl loswerden und ging zum Fluss runter. Erst ein Bad im Fluss, dann im Onsen am Flussufer, dann wieder im Fluss. Hilft! Das Wasser im Onsen riecht nach Schwefelđ
Dann stellte sich heraus, dass der mĂ€nnliche Teil des französischen Paares hier in der Unterkunft der KĂŒnstler ist, dessen Ausstellung ich bewundert habe, Patrick Jager.
Die Bilder sind kĂ€uflich zu erwerben und mir gefĂ€llt vor allem die dreibeinige KrĂ€he, die das Gebiet der Pilgerwege um mich herum symbolisiert, den Kumano KodĆ.
Sie ist so lebendig und kraftvoll, die zum Aufbruch gespreizten FlĂŒgel und die fast kreisrunde Form gefallen mir, ebenso wie die Schlichtheit, die Farbgebung und der Bezug zu dieser Region. Hmmmmm.
Und nach einer kurzen Pause... richtig! Zeit zum Essen đ
Sehr gut wieder. Das Sashimi heute vom Thunfisch und, ich nehme an, der Makrele. Nee, Makrele ist dunkler. Also keine Ahnung, war lecker. Fisch.
Köstlich waren die grĂŒnen Enden von FrĂŒhlingszwiebeln mit Sesamöl. Dann wieder ein kleines bisschen mariniertes GemĂŒse.
Paniertes HĂ€hnchen mit dem allerbesten Eiersalat, der Kracher!
Im Topf heute eine sĂŒĂliche (aber nicht zu sĂŒĂe) Basis mit Rindfleisch, dicken Glasnudeln, Tofu und FrĂŒhlingszwiebel. Sehr aromatisch.
Dazu wieder ein lokales Bier und grĂŒner Tee.
Und zum Nachtisch habe ich das Bild der KrĂ€he vom KĂŒnstler am Nachbartisch gekauft đ Was fĂŒr ein schönes Andenken! Er wird es nach Deutschland schicken, sobald die Ausstellung vorbei ist und die Bilder wieder bei ihm in Frankreich sind. Ich freue mich.
GegenĂŒber saĂen heute vier Frauen in meinem Alter aus Tokio, die fĂŒnf Tage zusammen gewandert sind und die sehr neugierig waren und nett, das war eine schöne Unterhaltung und auch mit Kekeji, dem Gastgeber und Koch habe ich lĂ€nger geplaudert. Insgesamt eine gute Stunde, mein neuer Rekord in Japan an Kommunikation.
KomentĂĄĆe