- Charlotte Tina
- 22. Juni 2023
- 4 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 26. Feb. 2024
Dienstag, 20. Juni
Am Abend machte ich noch einen Spaziergang, schließlich wollte ich einen Blick auf den Sankt-Lorenz-Golf (deshalb das Salzwasser ein Stück stromauf) werfen, der hier schon das Wasser des Nordatlantiks führt.
Die braunen Holzschindeln, mit denen die Front des einen Hauses teilweise verkleidet ist, waren übrigens ganz typisch an der US-Küste am Pazifik, besonders um Depoe Bay herum. Das wollte ich da eigentlich schon schreiben und zeigen weil die Häuser dort komplett so gebaut sind.
So gut wie überall wo ich jetzt anhalte störe ich irgend ein Tier. Ein aufgeregt meckerndes Eichhörnchen, eine genervte Elchkuh, irritierte flatternde Vögel, Bären, die in ungebührlicher Eile die Straßenseite wechseln müssen.... alle wollen nur in Ruhe ihrem Tagwerk nachgehen und da kommt eine dieser Menschen und stresst.
Ich war früh auf der Straße und fraß Kilometer. Plötzlich gab es ein Alarmsignal, das ich noch nicht kannte, unangenehm. Es war eine Cell Broadcast-Meldung, die über das Handy kam... Ganz wunderbar. Immer dran denken: die Menschen sind schuld, nicht die Waffen; Waffen können ja gar nichts tun.
So war ich jedenfalls schnell auf Nova Scotia und bewegte mich zunächst Richtung Cape Breton, dann zur Küste. Ich hielt hie und da, um zu schauen. So sah es in New Brunswick aus und bislang im Innern Nova Scotias:
Ich stand an einer Stelle und schaute in die Landschaft. Und fühlte mich beobachtet. Ich wurde so erzogen, dass Bauchgefühle nicht ernst genommen werden sollen. Sollten sie aber und das nehme ich von den beiden großen Reisen mit. Mögen andere denken, was sie wollen, mein Bauchgefühl funktioniert tip top. Also wechselte ich in den Pilze-Scan Modus und siehe da, sehr gut getarnt, eine reglose kleine Elchdame, die mich anstarrte.
Nova Scotia ist wunderschön!
Die letzte Woche war sehr kalt, regnerisch und bedeckt.
Etwa 80Km vor meinem Ziel Guysborough begann es aufzuklaren, 40Km vorher erledigte ich einen viel zu großen Einkauf im letzten Laden davor. Als ich ankam und auf dem Schotterweg runter zur Küste fuhr, strahlte die Sonne bei 16°.
Morgen und übermorgen sind Sonne und 20-25° angesagt.
Und dann kam ich an und war hin und weg, es war genau so, wie ich es mir vorgestellt hatte. Es ist aber eher ein Häuschen denn eine Hütte.
Die Grundfläche ist klein, aber auf zwei Etagen schön genutzt. Nur der Zugang zum Baden vom Steg könnte besser bzw. überhaupt vorhanden sein:
Hier werde ich es sehr gut 2,5 Tage aushalten. Perfekt für die Pause, die ich dringend mal wieder brauche. Ja, ich weiß, Luxusproblem.
Das erste Brot misslang, zu viel Salz, zu wenig gegangen. Der zweite Teig war flugs geknetet, der ging über Nacht.
Am Mittwoch war ich um fünf wach. Senile Bettflucht... Um kurz nach sieben war das Brot im Ofen, dann landete meine Wäsche in der Maschine und ich hatte den Weg zum Strand für später gefunden.
Mit einer Tasse Tee saß ich in der Morgensonne und starrte auf den Nordatlantik. Ich habe es schon schlechter getroffen.
Hier ist niemand außer mir. Es gibt ein Stück den Hang hoch noch zwei Häuser, aber die sind nicht belegt.
Es kam mehrfach die Frage, ob ich keine Angst habe, im Dunkeln, allein. Doch, habe ich. Wird aber besser, je häufiger ich in solchen Situationen bin und ich denke immer an Pia auf Møn, die Kinderbuchautorin bei der ich 2019 im AirBnB-Bauwagen geschlafen habe, als ich von Kopenhagen nach Berlin geradelt bin. Die war vollkommen furchtlos, ein Vorbild.
Und was wäre die Alternative? In einem seelenlosen Hotel in einer Stadt sitzen? Also, da überwinde ich lieber meine Angst und habe es so schön. Manchmal ist Aussitzen die richtige Lösung 😉
Später am Vormittag erkundete ich den Strand. Sehr schön, das Wasser glasklar, ich war bis zur Hüfte drin, es ist wirklich kalt. Sehr kalt.
Das Brot gelang gut, aber das Mehl schmeckt mir nicht. Hatte ich auch noch nicht, seltsam.
Die Geschichte mit dem Titan(ic) U-Boot ist tragisch und gruselig. Ich gucke direkt in die Richtung, schätze mal, 800-1.000Km entfernt. Ich verstehe nicht so recht, weshalb da so ein enormer logistischer und finanzieller Aufwand betrieben wird, aber 700 arme Menschen lässt man qualvoll ertrinken und schaut zu.
Die Erklärung herbeigezogener Psychologen kann ich auch nicht nachvollziehen, dass man sich wegen der Enge im Tauchboot besser identifizieren könne. Ich war noch nie in so einem Ding und würde da auch nie rein wollen. Der Rumpf eines Schiffes ist mir näher und die Vorstellung eingepferchter Frauen und Kinder darin, die nicht raus kommen, ist mindestens so entsetzlich.
In zwölf Tagen bin ich in New York und ab morgen noch drei Tage auf Neufundland und dann in Maine. Verrückt.
Donnerstag, 22. Juni
Ein Morgen in Neu Schottland.
Der Morgen und Vormittag vergingen so: Eichhörnchen im Baum neben mir (zurück) beobachten. Möwe beim Jagen beobachten (Anflug, senkrechter Sturzflug, Eintauchen. Wiederholung). Reiher beobachten, der alle 5min mal von links, mal von rechts kam. Einströmende Flut anschauen. Lesen. Tee trinken. Mal auf den Steg gehen. Baby-Fischschwarm beobachten. Trauben futtern. Lesen. Tomatensalat. Huhn. Steg. Lesen. Vom Eichhörnchen umrundet werden. Und so wird der Rest des Tages ebenfalls verbracht.
Mich interessiert ja nach wie vor, welches die Eurer Meinung nach besten Currybuden in Berlin sind. Nur keine Scheu! Als Kommentar ganz einfach. Und die Vegetarier: Falafel.
- Charlotte Tina
- 19. Juni 2023
- 7 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 26. Feb. 2024
Am Freitag, 16. Juni, passierte ich Toronto und fuhr dann am Sankt-Lorenz-Strom entlang, den ich allerdings erst am Nachmittag sah. Den Namen kannte ich aus Büchern und aus Indianergeschichten aus der Kindheit.
Ein gewaltiger Fluss, der drittgrößte Nordamerikas, aus dem das Wasser der großen Seen (Lakes Superior, Huron, Erie, Ontario, Michigan) in den Atlantik abfließt.
Das B&B in Halsteads Bay, meinem Ziel, lag fast direkt an seinem Ufer.
Auf dem Weg musste ich mich endlich mal um Luft für die Reifen kümmern. Es gibt hier ganz anders funktionierende Pump-Dingsis als bei uns. Ich hab's nicht verstanden und den Tankwart gefragt.
Der Reifendruck wird hier in PSI (pound-force per square inch) angegeben. Beim Aufpumpen prüft man das mithilfe des Pegels, der ausfährt. Die Skala ist in 2,5er Schritten, schlecht lesbar, ungenau zudem. Luft auf dem Highway kostet meist nichts, in Städten aber gern mal C$2.
Meine Reifen sollen maximal 51 PSI Druck haben, ich habe mit knapp 50 befüllt.
Dann habe ich überlegt, ist ja Quatsch, die Reifen waren warm vom Fahren, es war draußen kühl, das Auto ist wenig beladen, die Herstellerangabe ist für kalte Reifen bei mittlerer Temperatur und voll beladen, das sollte also viel weniger sein. Nach 60Km also wieder an eine Tanke und das Gerät angesetzt, der Pegel sagte 40PSI. Schreck! Der Reifen verliert Luft! Beim nächsten Reifen dasselbe und ebenfalls bei den anderen. Ist anscheinend sehr zuverlässig, diese Methode 😬
Der Mittelwert ist 45, also habe ich es gelassen, wie es war.
In Gananoque habe ich meine Wasser- und Kirschvorräte aufgefrischt. Weil es donnerte und regnete konnte ich nicht mehr machen. Also Netflix in meinem kitschigen B&B.
Samstag, 17. Juni
Nach dem überschaubaren Mahl (mini Obstsalat) machte ich mich schon um 7:30 auf den Weg. Ich wollte trotz der anstehenden 400Km auch irgendwo schwimmen. Das tat ich in Montréal in einem modernen, neuen Bad mit Unisex-Umkleide. Das Konzept hat mich nicht überzeugt (nudité interdit aber nur wenige Umkleide- und Duschkabinen).
Danach musste ich mit Poutine avec saucisson meinen Hunger stillen. Ich mag das, aber selbst die kleinste Portion ist nicht zu schaffen. Poutine gibt es nun an jeder Ecke, in jedem Lokal und Imbiss. Dazu eine Meinung zu haben, ist wichtig. Es zu mögen ein Pluspunkt im Gespräch.
Poutine ist Glaubenssache. Wie Currywurst in Berlin.
Apropos! Das wäre ja mal spannend!😁
Was sind Eure liebsten Buden in Berlin?
Meine sind die am Humboldthain auf der Ecke am Eingang zur S-Bahn, die auf der Kantstrasse unter der Bahn-Brücke neben Ullrich (unkuschelig aber klasse) und KuDamm 95.
Jetzt Ihr!
Plötzlich war ich in Québec und plötzlich ist alles französisch, Schilder und gesprochene Sprache.
Mein ländliches B&B (wie in Frankreich heißt es hier gîte agricole) war zwischen Montréal und Québec (Provinz und Hauptstadt haben den selben Namen). Hühner gab es auch und die lieferten die Eier fürs Frühstück.
Hundedame Jesse begrüßte mich gleich. Mein Zimmer ist, hm, wie sage ich das? Erstaunlich. Ein bisschen gruselig. Aber ist ja Geschmackssache. Meiner ist es nicht.
Meine Gastgeber Jacinthe und Claude waren entzückend. Sie erzählte mir von einem Gourmet Food-Festival eine halbe Stunde entfernt und als ich fragte, ob sie mitkommen wollten, sagten sie spontan ja und mit Jesse ging es in ihrem Auto los.
C$15 Eintritt und dann hielten wir an fast jedem der knapp 50 Stände. Die beiden kannten Gott und die Welt, es war extrem lustig und ein witziger Mischmasch aus Französisch und Englisch und den kanadischen Kreationen dazwischen.
Angeboten wurden regionale Besonderheiten.
Ich habe erstmals Bison gegessen (wie eine Mischung aus Schwein und Huhn, ganz anders, als ich es erwartet hätte).
Bei einer vor zehn Jahren eingewanderten Schweizerin probierte ich etwas mit Kaninchen.
Dann eine Camerise, eine Beere, die eine Mischung aus Blaubeeren und etwas anderem, das ich vergessen habe, ist.
Einen alkoholfreien Chardonnay mit Schokoladengeschmack. Super seltsam. Sehr intensiv.
Eine Zuckerwatte aus Ahornsirupzucker, sooo lecker!
Ahornsirupbutter. Auch sehr lecker.
Verschiedene Karamellcremes.
Verschiedene Saucen, wobei mir eine mit Chipotle und eine BBQ-Sauce mit Cranberries und Orange besonders gefielen.
Überall liefen Leute in Kostümen rum, eine Mischung aus historisch angelehnt und Steampunk.
Der Käse in Nordamerika, und ich glaube, ich habe jetzt fast alle Sorten durch, ist beschissen! 🤣 Er hat immer die Konsistenz von Gummi, schmeckt bestenfalls ansatzweise wie Gouda, schlimmstenfalls nach nichts aber extrem salzig, hat nicht die geringste Ähnlichkeit mit seinen Namensvettern.
Ein Faktor mag sein, dass ausschließlich mit pasteurisierter Milch gearbeitet werden darf.
Die Franzosen machen fraglos Käse, den mit dem hier produzierten vergleichen zu wollen einer bösen Beleidigung gleichkäme.
Das war trotzdem richtig schön, danach war ich völlig geplättet. Seit 7:30 unterwegs, mittags 1Km schwimmen, Dauerregen, 400Km, 2,5h Ausflug. Fin.
Sonntag, 18. Juni
Um 8:00 gab es Frühstück. Jacinthe hat eine große Begeisterung fürs Kochen und hatte am Abend schon ihre Kochkünste und ihre Crêpes angepriesen, also wollte ich eins probieren am Morgen. Ihr Freund André war da und wir unterhielten uns alle eine gute Stunde.
Das Crêpe war schauderhaft. Viel zu dick außer am Rand, labberig, viel zu hell.
Sie guckte ganz begeistert erwartungsvoll und ich brachte es einfach nicht übers Herz, die Wahrheit zu sagen, sie war so nett! Dabei bin ich in Sachen Essen immer gnadenlos und erwarte das auch in Bezug auf meins. Hilft ja nicht, da etwas zu beschönigen, man lernt nix.
André bezeichnete die Seine als Kanal. Richtige Flüsse habe Kanada, so wie den Sankt-Lorenz-Strom.
Sie sind überzeugt, viel besser zu sein als das Mutterschiff und in ihrer Arroganz diesbezüglich lustigerweise dann doch ganz genau so wie die Bewohner des Landes ihrer Vorfahren.
In einem Tim Hortons bezahlte eine fremde Frau plötzlich meine Rechnung. Keine Ahnung, weshalb. Von hinten kam ein do you mind?, ich nahm an, sie habe es sehr eilig und wollte sie vorlassen, da lag ihre Kreditkarte schon auf dem Gerät. Auf die Frage, warum, sagte sie, ich wirke wie eine nette Person und solche Sachen würden eben manchmal passieren. Ich habe es immer noch nicht verstanden.
Den größten Teil des Tages regnete es wieder. Der Sankt-Lorenz-Strom ist wirklich mächtig. Je weiter ich nach Norden fahre, desto breiter wird er, man sieht das andere Ufer nicht mehr.
Auf der gegenüberliegenden Seite ist er mehr als 100m tief! Ein Fluss! Hier sind viele Wale unterwegs auf Futtersuche.
André erzählte, morgens und am Nachmittag könne man sie vom Ufer aus gut beobachten. Leider fährt die Fähre einfach 1,5h, das schaffe ich leider nicht.
Allerdings wäre die Fähre aufgrund der Wetterbedingungen eh nicht gefahren.
Immerhin tauchte ich meine Füße ins eisige Wasser. Am anderen Ufer soll das (Salz-)Wasser auch im Sommer Minusgrade haben.
Und ich aß Hummer am Fähranleger, die erste günstige Gelegenheit, jetzt geht es damit los. Freut Euch schon mal auf zehn bis 14 Tage Hummerfotos 😂
Es gab dazu in billiger Fertiggemüsebrühe gekochten Reis, immerhin einen Beilagensalat mit Fertigdressing und der recht große Hummer selbst war lauwarm, aber dennoch sehr lecker mit der zerlassenen Butter zum Tunken.
Der erste Supermarkt in Québec. Es gibt europäische Käse und Baguette und richtig billig frisch gepulte Crevetten und Ahornzucker für 4,50€ und schönen Joghurt und frisch gekochte Hummer, die just eingeräumt wurden, als ich in der Fischabteilung große Augen bekam. Eine riesige Obst- und Gemüseabteilung.
... 🥴ich will gar nicht weg aus Québec!
Endlich wieder gute und interessante Nahrung.
Auf der Weiterfahrt sah ich leider einen großen toten Elch am Straßenrand.
Das Motel war wunderschön gelegen am Lac Témiscouata. Schade, dass es 11° waren und dass es regnete.
Das kanadische Französisch verstehe ich fast nicht. Sie haben sehr viele frankierte (oder wie ist das Pendant zu anglisiert?😆) Lehnwörter, sprechen ohne Punkt und Komma und haben einige dialektale Besonderheiten. So unterscheidet sich die Phonetik teils deutlich, chose wird wie shows ausgesprochen, so wie viele andere Wörter ebenfalls einen starken englischen Klang haben.
Sie benutzen Vokabeln, die in Frankreich nicht mehr gesprochen werden (Beispiel Wochenende: fin de semaine statt week-end. Es gibt sicher sehr viele Beispiele, das ist mir aufgefallen, aber andere Worte kenne ich einfach nicht). Das ist seltsam und, wie gesagt, für mich zumindest kaum zu meistern.
Im Supermarkt sprach ich darüber mit einer Angestellten, die sehr lachen musste und das bestätigte. Sie meinte, in Frankreich hätte sie auch kaum jemand verstanden.
Montag, 19. Juni
Nach ein paar Kilometern war ich schon in der nächsten Provinz, New Brunswick. In einem großen IGA fahndete ich nach frischer Hefe, Sauerteig und Vollkornmehl. In der Hütte will ich Brot backen. Es stellte sich heraus, dass sie Sauerteig zum privaten Gebrauch nicht kennen, vier Leute waren involviert; so etwas kann ich 😂 Und frische Hefe gibt es auch nicht. Immerhin gab es Trockenhefe und Vollkornmehl. Ich nahm nur Weizen, damit der Teig eine Chance hat, aufzugehen.
Jetzt bin ich in einer Region, wo wirklich überall Schilder hängen, die Homard (cuit/prêt) anpreisen (Hummer, gekocht/fertig) für Spottpreise. Ich kaufte einen ziemlich großen Hummer für 13,80€. Das ist so großartig! Und gleich einen Knacker dazu, den brauche ich die nächsten zwei Wochen.
Wisst Ihr, dass Hummer im 18. Jahrhundert und noch lange ins 19. hinein ein Essen für arme Leute, die Dienerschaft und Verbrecher war? Wegen der Überpopulation wurde er als Gefängnisessen zubereitet.
Dann wollte ich schwimmen, das Gelände war auf, aber kein Mensch dort und es sah nicht so lecker aus.
Ich passierte einen Wasserfall
und kurze Zeit darauf fuhr ich auf die 108, ein einspuriges Schlagloch mit etwas Asphalt drum herum, das quer durch die Provinz führt.
Am Anfang stand ein Schild, die nächste Tanke sei 137Km entfernt. So, wie jegliche andere Zivilisation.
Die Landschaft ist sehr schön, sehr weit, leicht wellig, dicht bewachsen.
Ich fuhr und plötzlich rannte, vielleicht 20m entfernt, ein Bär über die Straße.
Aufregend!!!
Ich nehme an, aufgerichtet wäre er etwa so groß wie ich gewesen.
Mir fiel auch gleich Bill Bryson ein, dessen kurzweilige und lustige Bücher auch Erlebnisse in der Wildnis nordamerikanischer Nationalparks schildern.
Überall und gefühlt im Abstand von 50m stehen Achtung! Elch-Schilder. So einer begegnete mir auch noch:
Endlich scheine ich in die Regionen zu kommen, die ich erleben will!
Das B&B ist ein schönes altes Haus mit einigen schönen Bildern (das rot weiße Boot könnte ich sofort einpacken), ich habe es ganz für mich und darf den Kühlschrank plündern, wie ich mag.
Aber mein Abendessen um 15:30 war der super leckere Hummer mit etwas Knoblauchmayo.
Morgen komme ich nach Nova Scotia und zur Hütte am Meer für drei Nächte, auf die ich mich schon so freue.
- Charlotte Tina
- 16. Juni 2023
- 4 Min. Lesezeit
14. Juni
Am einhundertsten Tag der Reise an den Niagarafällen, was für ein netter Zufall.
Am Vortag fuhr ich etwas traurig ab von Bruce Bay, das hat mir gut gefallen. Muss man mögen, morgens in klirrender Kälte aufzuwachen, bibbernd ins Bad, den Kessel für den Tee aufsetzen und, wieder im warmen Bett, auf das Pfeifen zu warten; wie in der Kindheit. Dann das Feuer noch entfachen und derweil, auf den See schauend, an der heißen Tasse festhalten. So schön!
Ich war schon um 5:00 das erste Mal wach, weil das Licht so besonders war.

Noch ein paar Eindrücke von Hütte und Insel (und einem Fluss auf der Route). Die Boje ist 5-6m groß:
Und dann lagen 400Km vor mir, Ziel Parry Sound. Zwei Tage zuvor hat das Auto angefangen mir als Daueranzeige zu sagen, dass es eine Inspektion benötigt und nicht fahrbereit ist. Ich habe Hertz an zwei verschiedene Adressen geschrieben, keine Antwort. Also, um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein und auch um mich zu beruhigen, fuhr ich über Sudburry und dort zu einer Filiale. Die Frau war super nett, guckte sich das an und meinte, wenn nicht tatsächlich etwas sei, solle ich es ignorieren. Ooookay.
Im Laufe des Tages wurde es sonnig und warm.
Auf dem Weg erlebte ich zwei Sachen, die mich beeindruckt haben.
Zum einen sind mir drei Einspänner begegnet auf dem Seitenstreifen des Highway, je zwei Frauen, ein Mann, schwarz gekleidet mit Hauben bzw. Hut; kannte ich bislang nur aus Filmen. Ich hab gegoogelt und rausgefunden, dass die kanadischen Amish in Ontario Mennoniten heißen. So sahen sie aus. Ich konnte ja schlecht anhalten um ein Foto zu machen 😬
Und dann habe ich einen Bären gesehen!!! Am Highway, ein Junges, das im Gras saß und damit oder mit etwas darin beschäftigt war, vielleicht 30m entfernt. Ich bin fast in der Leitplanke gelandet. Leider kein Foto. Zum einen war ich völlig baff, zum anderen 100Km/h schnell, und nachdem ich der Leitplanke entronnen bin, war die Situation leider schon vorbei.
Abendessen war ein Burrito, kurz vor meinem AirBnB, ein ausgebauter Scheunen-Dachboden, das schön ist (auf eine Art, die ich auf Fotos toll finde und zum Anschauen und Bewundern, aber irgendwie nicht so gemütlich) und wo ich sofort Freunde gefunden habe. Und nein, ich verrate meine Technik nicht.
15. Juni, Tag 100 meiner Weltreise! Bei Tim Hortons, klar, gab es Frühstück . Ein Steak&Egg Biscuit. Großartig. Das ist leckeres Fastfood. Ich verstehe, warum die Kanadier den Laden so klasse finden. Es wird alles frisch gemacht, der Filterkaffee alle 20min frisch gebrüht. Ich habe da noch nichts gegessen, was nicht geschmeckt hat. Es trieft nicht vor Fett. Es ist günstig.
Zu den Fällen waren es 300Km. Das war auf der zweiten Hälfte Stress, der Verkehr um Toronto ist gruselig. Sechsspurig oft, trotzdem kriechend, ein Gewirr an bis zu drei mal geteilten Ausfahrten und Kleeblättern und wenn kein Stau war, sind alle gerast und gefahren wie Sau. Die LKWs mit 2m Abstand und Lichthupe, wenn ich nur 112 statt der erlaubten 100 gefahren bin. Anstrengend.
Dann endlich an den Niagarafällen. Die kanadische Seite ist "besser", weil der Fluss von der US-Seite stürzt (in der Mitte verläuft die Grenze) und man deshalb einen schöneren Blick hat.
Die Stadt selbst ist denkbar uninteressant, heruntergekommen und hässlich. Viele Läden und Motels, deren Fenster oder Fronten mit Holzplatten zugenagelt sind.
Ich lief die Promenade ab und entschied mich dann doch, nach Kirstens Zuspruch über WhatsApp, für eine Bootsfahrt (25€), die ein ziemlicher Spaß ist. Natürlich musste ich vorne stehen und trotz pinker Tüte wurde es an einigen Stellen mehr als feucht.
Schön. Die Viktoriafälle in Zimbabwe fand ich (sind aber auch ganz anders) noch schöner.
Mit der Entfernung zum Hotel hatte ich mich etwas vertan, es waren noch mal 120Km.
Ziemlich erledigt kam ich an, der Vater der Rezeptionistin ist Berliner, aber mit drei Jahren ausgewandert worden. Sie sprach deshalb etwas Deutsch, das war mal nett.
Paris ist eine unerwartet hübsche Kleinstadt, die ich nur deshalb ausgesucht habe, weil das Hotel, so weit von den Fällen/Toronto entfernt, halbwegs bezahlbar war.
Die Zimmer sind thematisch eingerichtet, ich bin in Leonhard Cohen. Der ist nicht 100% meins, aber es ist hübsch und angenehm, die Bilder und Fotografien gefallen mir.
Im Restaurant des Hotels waren sie ganz erstaunt, was für leckere Sachen sie laut den Angaben in Maps anbieten. Das tatsächliche Angebot waren, Überraschung, Pommes, Nachos, Burger, Pizza.
Ich ertrage das nicht mehr lange. Widerlich, wenn es jeden Tag nur das gibt. Null Esskultur.
Imbisse werden als Restaurant bezeichnet. Drive-Thrus. Foodtrucks. Die verstehen wirklich überhaupt nicht was ich meine, wenn ich sage, dass ich richtige Nahrung will und kein Fastfood.
Also suchte ich wieder, weil ich heute wenigstens mal etwas "Richtiges" essen wollte; und in schöner Atmosphäre. Und wurde fündig! Kismet!
Das Juniper war nur 500m Fußweg entfernt, also war auch mal ein Wein drin.
Endlich mal ein hübscher Laden, eine schöne kleine Karte.
Ich bestellte drei Austern als Amuse-Bouche und dazu ein kleines Glas Pinot Grigio.
Als Vorspeise Jakobsmuscheln mit Schweinebauch und Miso-Karamell. Das Hauptgericht war Kabeljau auf Mais-Chowder mit Speck.
Zu den sehr guten Austern von der Ostküste gab es eine köstliche Himbeer-Vinaigrette und frisch geriebenen Meerrettich, das war erstaunlich gut.
Die Muscheln und der Schweinebauch: wow. Insbesondere das Schwein. Die butterzarten kleinen Würfel waren wie ein Krustenbraten en miniature. Wenig Fett, sehr aromatisch, knackige Kruste. Köstlich. Dazu die dezente Sauce, die beides trefflich abrundete. Die Jakobsmuscheln waren auf den Punkt gebraten und einfach gut. Eine Portion, die ich als Hauptgericht bezeichnet hätte, nicht als Starter.
Danach war ich satt und zufrieden. Aber ich hatte ja leider schon bestellt...🙈
Der Kabeljau (oder Dorsch, ist der gleiche Fisch, nur eine andere Bezeichnung, allerdings wird der Fisch aus der Ostsee und wenn er jung ist üblicherweise Dorsch genannt) war super zart und, auf der Haut gebraten, ebenfalls auf den Punkt gegart. Noch besser aber war die cremige, samtige Mais-Chowder. So etwas Gutes! Comfort food pur. Darin badeten genüsslich kleine, junge, festkochende, in Scheiben geschnittene Kartoffeln in zartester Schale. Der grüne Spargel war schön knackig. Die Kresse war ambitioniert aber unpassend.
Das habe ich nicht geschafft, unmöglich, und deshalb ein Doggy-Bag bekommen.
Ich brauchte danach einen Espresso und mit der Bedienung einigte ich mich auf ein winziges Stück Schoko-Tarte. Ich sagte, so groß wie eine Praline, nur zum Abrunden. Es kam ein halbes Stück, auch das landete im Karton.
Nun liege ich kugelrund auf dem Bett und schaue, was es morgen auf der Strecke Interessantes gibt.